Innergemeinschaftliche Lieferungen: Umsatzsteuerbetrug lohnt nicht

Fall

Der Kläger war als Einzelunternehmer im Innenausbau tätig. Im Jahr 2011 ließ er sich von D überreden, sich mit dem Handel von Zucker ein zweites Standbein aufzubauen. D hatte auch bereits einen Abnehmer der Ware in Polen. Auf die Frage, warum der Abnehmer den Zucker nicht direkt in Polen besorge, hatte D erklärt, dass man so Umsatzsteuer spare. D würde sich um alles kümmern, der Kläger könnte mit einem monatlichen Gewinn von 3.000 € rechnen. Der Kläger kaufte nun Zucker beim Lieferanten A mit Sitz in Polen ein und verkaufte diesen an den Abnehmer B, ebenfalls mit Sitz in Polen. Der Zucker wurde auch tatsächlich von Polen nach Deutschland und zurück transportiert. Der Kläger rechnete die Lieferungen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen ab (ca. 6 Mio. €). Er deklarierte diese Umsätze aber erst, nachdem das deutsche Finanzamt durch Hinweise der polnischen Behörden auf ihn aufmerksam wurde. Es stellte sich dann heraus, dass der Abnehmer B als sogenannter Missing Trader fungierte, d.h. er betrieb Umsatzsteuerbetrug.

Im Anschluss an die beim Kläger durchgeführte Steuerfahndungsprüfung wurde dem Kläger die Steuerbefreiung für die innergemeinschaftlichen Lieferungen versagt und Umsatzsteuer in Höhe von 503.000€ festgesetzt. Hiergegen wehrte sich der Kläger u.a. mit dem Hinweis, dass aufgrund des Umfangs der Lieferungen unstrittig sei, dass er Zucker an einen Unternehmer nach Polen geliefert habe.

Entscheidung

Laut Bundesfinanzhof ist die Frage, ob die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen, nicht entscheidungserheblich. Denn wer wusste oder hätten wissen müssen, dass er sich, wie im Fall, durch seine Lieferung an einer in der Lieferkette begangenen Umsatzsteuerhiterziehung beteiligt, ist die Steuerbefreiung zu versagen.

Konsequenzen

Statt eines erhofften monatlichen „Gewinns“ von 3.000 € ergibt sich – nicht unbedingt lukrativ – eine Umsatzsteuernachzahlung von 503.000 €. Von seinem Abnehmer wird der Kläger diese nicht mehr fordern können.

Das Urteil entspricht der damaligen Rechtsprechung. Seit dem 1.1.2020 ist diese auch ins Umsatzsteuergesetz (UStG) übernommen worden (§ 25f UStG).

Interessant sind die Indizien, die dafürsprachen, dass der Kläger von der Hinterziehung des B hätte wissen müssen:

  • Keine Überprüfung der Umsatzsteuer-Identifikationnummer (USt-IDNr.) des mutmaßlichen Abnehmers in Polen vor der Ausführung der Umsätze
  • Nichterfüllung der steuerlichen Pflichten durch anfängliche Nichtdeklaration der Zusammenfassenden Meldung (ZM) sowie der innergemeinschaftlichen Lieferungen
  • Aufnahme einer neuen Geschäftsbeziehung in einem nicht vertrauten Geschäftsbereich mit einer Größenordnung von mehreren Millionen Euro
  • Überlassen der Abwicklung der Geschäfte an eine andere Person
  • monatliche Gewinnaussicht von rund 3.000€
  • Rücklieferungen nach Polen und
  • zunächst unzutreffende Lieferanschriften in den Frachtbriefen.


Sollte Ihnen so etwas unterkommen, verzichten Sie auf das Geschäft.

Gert Klöttschen

Steuerberater

Zum Profil von Gert Klöttschen

Klaus Altendorf

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Zum Profil von Klaus Altendorf

Oliver Lohmar, LL.M.

Steuerberater

Zum Profil von Oliver Lohmar, LL.M.

Judith Krämer

Steuerberaterin

Zum Profil von Judith Krämer

Uwe Inkemann

Steuerberater

Zum Profil von Uwe Inkemann

Kontakt

Nehmen Sie mit uns Kontakt auf

Mail Kontaktformular Telefon +49 228 81000 0 Newsletter Newsletter
YouTube Video laden
Permalink