In welchem Land sind grundstücksbezogene Dienstleistungen zu versteuern?

 

Dienstleistungen im B2B-Bereich sind grundsätzlich am Sitz des Kunden umsatzsteuerbar. Die wohl bedeutendste Ausnahme hierzu stellen Leistungen in Verbindung mit einem Grundstück dar, die in dem Mitgliedstaat der Umsatzsteuer unterliegen, in dem das Grundstück liegt. Da die Abgrenzung „normaler“ Leistungen zu den grundstücksbezogenen Dienstleistungen schwierig ist, ergeben sich immer dann Schwierigkeiten, wenn Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück erbracht werden, das in einem anderen Mitgliedstaat liegt als der Sitz des Kunden.

Fall

Die Klägerin, ein Unternehmen mit Sitz in Finnland, bot Hostingdienste für Betreiber von Telekommunikationsnetzen an. Hierzu wurde den Kunden Geräteschränke bereitgestellt, in die die Kunden ihre eigenen Server unterbringen konnten. Ferner kümmerte sich die Klägerin um die Stromversorgung, Klimatisierung etc., um die Server optimal nutzen zu können. Die Geräteschränke waren im Boden des Rechenzentrums verschraubt. Die Server wurden wiederum in den Geräteschränken festgeschraubt und konnten innerhalb weniger Minuten auch wieder ausgebaut werden. Die Kunden hatten keinen unmittelbaren Zugang zu ihrem Geräteschrank, sondern erhielten erst nach einer Identitätskontrolle einen Schlüssel hierfür. Es war strittig, ob die Überlassung der Geräteschränke als in Finnland steuerfreie Vermietung einer Immobilie zu qualifizieren ist oder als in Finnland steuerpflichtige Leistung in Verbindung mit einem Grundstück oder entsprechend der Grundregel, am Sitz der Kunden, d.h. gegebenenfalls im Ausland steuerbar ist.

Entscheidung

Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wird die Vermietung eines Grundstückes durch die passive Zurverfügungstellung eines Grundstückes charakterisiert. Da die Hostingdienste nicht nur die Überlassung des Stellplatzes des Geräteschrankes umfassten, sondern auch weitere Dienstleistungen, handelt es sich hierbei nicht um einen Vermietungsumsatz. Auch sieht der EuGH keinen ausreichend direkten Zusammenhang der Hostingdienste mit dem Grundstück, der die Annahme einer grundstückbezogenen Dienstleistung rechtfertigt. Zum einen stellt der Geräteschrank selbst kein Grundstück dar, da er weder auf Dauer installiert ist noch ohne das Gebäude zu zerstören oder zu verändern entfernt werden kann. Zum anderen steht den Kunden kein ausschließliches Recht zu, die Gebäudeteile, in denen die Geräteschränke stehen, zu nutzen.

Konsequenzen

Das Urteil zeigt die Risiken auf, die Unternehmen in solchen Fällen drohen. Sowohl die Dienstleister die z.B. Maschinen oder Anlagen in Gebäuden installieren oder reparieren als auch deren Kunden müssen prüfen, ob die zu erbringenden Leistungen grundstückbezogen sind oder nicht. Für den Auftragnehmer hat dies zudem noch Bedeutung für die Prüfung und Behandlung von Eingangsrechnungen, z.B. von Subunternehmern. Fehleinschätzungen können hier zu erheblichen Steuernachzahlungen führen.

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Gert Klöttschen

Steuerberater

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