Gesetzentwurf zur Mindeststeuer veröffentlicht
Hintergrund: EU-Richtlinie
Am 23.12.2022 ist die EU-Richtlinie zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union in Kraft getreten. Diese orientiert sich eng an den sogenannten GloBE Model Rules (Global Anti-Base Erosion) der OECD sowie den internationalen Vereinbarungen zur Säule 2 (Pillar Two) der G20/OECD Zwei-Säulen-Lösung. Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie bis zum 31.12.2023 in nationales Recht umsetzen. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 20.3.2023 einen ersten Diskussionsentwurf vorgelegt. Danach soll die Umsetzung in einem eigenständigen Gesetz (Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz) erfolgen.
Enge Orientierung an der Richtlinie
Der Entwurf orientiert sich dabei eng an der deutschen Fassung der EU-Richtlinie, wonach multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen mit einem konsolidierten Umsatz von mindestens 750 Mio. € ihre Gewinne in jedem Land mindestens mit einem effektiven Steuersatz von 15 % versteuern müssen. Die Mindestbesteuerung wird durch eine vorrangig anzuwendende Primärergänzungssteuer (PES / Income Inclusion Rule), die ähnlich wie eine Hinzurechnungsbesteuerung wirkt, und eine nachgelagert anzuwendende Sekundärergänzungssteuer (SES / Undertaxed Profits Rule) erreicht. Neben den OECD Model Rules werden auch der dazugehörende Kommentar sowie die im Dezember 2022 vorgelegten Safe-Harbour-Regelungen berücksichtigt. Auch eine nationale Ergänzungssteuer ist in dem Gesetzesentwurf vorgesehen.
Zeitliche Anwendung
Die PES soll für Wirtschaftsjahre ab 2024, die SES ab 2025 Anwendung finden. Nach dem Entwurf ist grundsätzlich jede deutsche steuerpflichtige Geschäftseinheit einer entsprechend großen Unternehmensgruppe zur Abgabe von Mindeststeuer-Berichten sowie von darauf basierenden Steuererklärungen verpflichtet. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine befreiende Abgabe durch eine Muttergesellschaft für ihre Tochtergesellschaften möglich. Berichte und Erklärungen müssen spätestens 15 Monate nach dem Ende des Wirtschaftsjahres abgegeben werden, für das Erstjahr gilt eine verlängerte Frist von 18 Monaten.
Aufbau des Gesetzentwurfs
Der Entwurf ist in elf Teile gegliedert, die sich eng an den Aufbau der OECD Model Rules anlehnen:
- Teil 1 regelt den Anwendungsbereich und definiert die wesentlichen Begriffe sowie den Umfang der Unternehmensgruppe und ihrer Bestandteile.
- Teil 2 beinhaltet die Besteuerung einer inländischen Muttergesellschaft nach der PES und einzelner inländischer Geschäftseinheiten nach der SES.
- Teil 3 enthält die detaillierten Regelungen zur Ermittlung des Mindeststeuer-Gewinns oder Mindeststeuer-Verlusts sowie verschiedene Anpassungsmechanismen.
- Teil 4 definiert die erfassten Steuern und regelt verschiedene Anpassungen.
- Teil 5 enthält neben der Ermittlung des effektiven Steuersatzes und des Steuererhöhungsbetrags auch Regelungen zu einem substanzbasierten Freibetrag.
- Teil 6 enthält u.a. Sonderregelungen bei Veränderungen der Unternehmensgruppe und zu besonderen Beteiligungsstrukturen.
- Teil 7 (Besonderheiten bei obersten Muttergesellschaften, Ausschüttungsregime und Investmenteinheiten) regelt u.a. den Sonderfall der steuerlich transparenten Muttergesellschaften.
- Teil 8 enthält Regelungen zum Mindeststeuer-Bericht und zu Wahlrechten sowie zu permanenten Safe-Harbour-Regelungen.
- Teil 9 (Sondervorschriften für das Übergangsjahr, den Übergangszeitraum sowie die Anfangsphase) enthält u.a. Vorschriften zur Nutzung von Steuerattributen des Übergangsjahres sowie die Regelungen zum zeitlich befristeten Safe Harbour.
- Teil 10 enthält die Regelungen zur Erhebung einer deutschen nationalen Ergänzungssteuer (Domestic Minimum Top-up Tax).
- Teil 11 (Besteuerungsverfahren und sonstige Bestimmungen) enthält u.a. eigenständige verfahrensrechtliche Regelungen zur Entstehung der Steuer, zur Steuererklärungspflicht und Zuständigkeit sowie zu Bußgeldern.
Ausblick
Der Entwurf umfasst einschließlich seiner Begründung 242 Seiten und ist ausdrücklich als Diskussionsentwurf gekennzeichnet. Er steht damit noch vor einem Referentenentwurf, mit dem üblicherweise das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wird. Hieraus wird bereits deutlich, wie komplex und interpretationsbedürftig die Einzelregelungen sind. Vor diesem Hintergrund erscheint die Kommentierungsfrist bis zum 21. April 2023 keineswegs zu großzügig bemessen. Die betroffenen Unternehmensgruppen mit einem konsolidierten Umsatz von 750 Mio. € sind jedenfalls gut beraten, sich schnellstmöglich mit den Regelungen und der konkreten Umsetzung zu befassen. Gerne kann die dhpg dabei unterstützen!
Diskussionsentwurf eines Gesetzes für die Umsetzung der Richtlinie zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union (Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – MinBestRL-UmsG) vom 20.3.2023