Eigenkapital-Vernichtung durch Ausscheiden eines Gesellschafters?
Hintergrund
Gesellschafter einer Personengesellschaft haben ein gesetzlich garantiertes Kündigungsrecht. Häufig sehen Gesellschaftsverträge vor, dass bei Kündigung eines Gesellschafters die Gesellschaft mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird. Der ausscheidende Gesellschafter erhält dann von der Personengesellschaft eine Abfindung, wenn sein Anteil nicht von anderen (bereits beteiligten oder neu eintretenden) Gesellschaftern übernommen wird. Regelmäßig übersteigt die Abfindung den Buchwert des Eigenkapitals des ausscheidenden Gesellschafters. Es stellt sich damit die Frage, wie der Differenzbetrag bilanziell abzubilden ist.
Bisherige handelsrechtliche Bilanzierung
Personenhandelsgesellschaften, die gesetzlich zur Bilanzierung verpflichtet sind, aktivieren die im Rahmen der Abfindung vergüteten stillen Reserven anteilig bei den Vermögensgegenständen, deren Buchwerte stille Reserven enthalten. Da der Differenzbetrag häufig auch diese stillen Reserven übersteigt, kommt es auch zu einer anteiligen Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens und eines Firmenwertes. Diese Sichtweise wurde bislang ausdrücklich durch die Stellungnahme RS HFA 7 (Handelsrechtliche Rechnungslegung bei Personenhandelsgesellschaften) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) gestützt. Den Widerspruch zum Aktivierungsverbot für einen selbst geschaffenen Firmenwert löste das IDW, indem es von einer „wirtschaftlichen Teil-Liquidation“ der Gesellschaft ausging, die „einem Anschaffungsvorgang gleich stehe".
Neuer Vorschlag des IDW
Nun hat das IDW den Entwurf einer Neufassung von RS HFA 7 vorgelegt, in dem eine abweichende Bilanzierung präferiert wird: Nunmehr soll der Differenzbetrag zwischen Abfindung und Kapitalanteil des ausscheidenden Gesellschafters vorzugsweise mit dem verbleibenden Eigenkapital verrechnet werden. Wird das Eigenkapital dadurch negativ, soll der Betrag auf der Aktivseite als „Nicht durch Vermögenseinlagen gedeckte Abfindung an ausgeschiedene Gesellschafter“ ausgewiesen werden. Alternativ soll allerdings die bisher präferierte Bilanzierung (Aufstockung der stillen Reserven einschließlich Firmenwert) weiterhin zulässig sein.
Hinweise
Nach eigenem Bekunden folgt das IDW mit dem Vorschlag „einer sich im Schrifttum vordringenden Auffassung“. In jedem Fall gleicht der Vorschlag die Bilanzierung bei Personenhandelsgesellschaften derjenigen bei Kapitalgesellschaften an, bei denen der Erwerb eigener Anteile ebenfalls zu einer Reduzierung des bilanziellen Eigenkapitals führt. Das faktische Wahlrecht (Aufstockung oder Abzug vom Eigenkapital) birgt jedenfalls erhebliches bilanzpolitisches Potenzial. Es darf mit Spannung verfolgt werden, ob sich die neue Auffassung in einer finalen Stellungnahme verfestigen wird.