Aufsichtsrat einer Stiftung kein umsatzsteuerlicher Unternehmer

EuGH-Entscheidung zum niederländischen Recht

In einem Verfahren zum niederländischen Recht hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu entscheiden, ob die Tätigkeit eines Aufsichtsrats einer Stiftung als selbständige Tätigkeit der Umsatzsteuer unterliegt oder nicht. Da das Umsatzsteuerrecht innerhalb der Europäischen Union harmonisiert ist, wirkt sich die Auslegung des EuGH auch auf das nationale Umsatzsteuerrecht aus. Auch sind die Rechte und Aufgaben eines Aufsichtsrats einer niederländischen Stiftung mit jenen eines Aufsichtsrats bei einer deutschen Körperschaft vergleichbar, sodass das Urteil auch aus diesem Grund Bedeutung hat.

Aufsichtsratstätigkeit zwar „wirtschaftlich“ aber nicht „selbstständig“

Als Steuerpflichtiger gilt nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit selbständig ausübt. Die Tätigkeit eines Aufsichtsrates ist nach Auffassung des EuGH wirtschaftlich, da sie nachhaltig (über eine Amtszeit von mehreren Jahren) und gegen Entgelt (Aufsichtsratsvergütung) ausgeübt wird. Sie werde jedoch nicht selbständig ausgeübt. Hierfür wäre unter anderem erforderlich, dass der Aufsichtsrat seine Tätigkeit im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung ausübe und er das mit der Ausübung dieser Tätigkeiten einhergehende wirtschaftliche Risiko trage. Ein Aufsichtsrat übe die ihm übertragenden Befugnisse jedoch nicht individuell, sondern für Rechnung und unter Verantwortung des Aufsichtsrats (als Ganzes) aus. Im Übrigen gehe der Aufsichtsrat mit seiner Tätigkeit keinerlei wirtschaftliches Risiko ein, da er eine feste, von seiner konkreten Tätigkeit unabhängige, Vergütung erhalte.

Nach alledem entschied der EuGH, dass der Aufsichtsrat einer Stiftung seine (wirtschaftliche) Tätigkeit nicht selbständig ausübt. Seine Umsätze unterliegen damit nicht der Umsatzsteuer.

Auswirkung auf das deutsche Umsatzsteuerrecht

In Deutschland wird die Tätigkeit als Aufsichtsrat bislang als selbständig behandelt und – sofern nicht die Kleinunternehmerregelung (Umsätze bis 17.500 €/Jahr) greift – der Umsatzsteuer unterworfen. Dies entspricht sowohl der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs als auch der Auffassung der Finanzverwaltung (Abschnitt 2.2 Abs. 2 S. 7 Umsatzsteuer-Anwendungserlass).

Für die Zukunft ist fraglich, ob die Finanzverwaltung an dieser Auffassung wird festhalten können. Würde die Tätigkeit des Aufsichtsrates als nichtunternehmerisch eingestuft werden, entfiele in der Konsequenz auch der Vorsteuerabzug für mit der Tätigkeit im Zusammenhang stehende Aufwendungen. Für die Vergangenheit dürfte das Urteil indes keine negativen Auswirkungen entfalten, da Steuerpflichtige aufgrund der Regelung im Umsatzsteuer-Anwendungserlass Vertrauensschutz genießen dürften. Auch sollte bis zu einer Umstellung der Rechnungsausstellung durch Aufsichtsräte zunächst eine Reaktion der Finanzverwaltung abgewartet werden. In Streitfällen können sich Aufsichtsräte aber auf das Urteil des EuGH berufen.

 

Hinweis: Seit dem 1.1.2020 liegt die Grenze für die Kleinunternehmerregelung bei 22.000 €.

Gert Klöttschen

Steuerberater

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Oliver Lohmar, LL.M.

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