Zum Schmunzeln: Handauflegen ist nicht umsatzsteuerfrei

Hintergrund

Heilberufliche Leistungen am Menschen sind von der Umsatzsteuer befreit, sofern bei der Tätigkeit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nun jeder „Heiler“ befreit ist.

Fall

Der Kläger behandelte Krankheiten wie Raucherbeine, Herzerkrankungen oder Übergewicht mittels Handauflegen. Hierzu legte er seine Hand auf eine bestimmte Stelle, die er nach Erläuterung des Leidens durch den Patienten für geeignet hielt. Dies sollte der Heilung bzw. Linderung der Beschwerden dienen. Zum Teil kamen die Patienten auch regelmäßig, damit ihr Leiden in „Schach“ gehalten würde. Nach Angaben des Kläger hatte er diese Fähigkeit geerbt; man könnte sie auch als Gabe Gottes bezeichnen. Er machte u. a. Werbung in Anzeigen mit „Heiler … bekannt durch Presse und TV“. Auf seiner Internetseite beschrieb er sich als Wunderheiler mit paranormalen Fähigkeiten, der Speckröllchen durch Handauflegen vertreibe, was auch ein Artikel in einer wissenschaftlichen Zeitschrift für Parapsychologie bestätigte. Das Finanzamt versagte die Steuerbefreiung, da der Kläger über keine anerkannte Berufsausbildung verfüge. Dieser vertrat die Ansicht, dass es hierauf nicht ankomme, sondern es ausreiche, dass er heilend tätig sei.

Urteil

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein lehnt die Steuerbefreiung ab. Entscheidend war hierfür, dass der Kläger nicht die erforderlichen Befähigungsnachweise besaß (z.B. Zulassung als Heilpraktiker). Das Finanzgericht hatte zwar auch Zweifel, dass der Kläger Heilbehandlungen durchführe, brauchte dies aber nicht abschließend zu prüfen.

Konsequenz

Auch Gaben Gottes retten nicht vor der Umsatzsteuer. Wer als Wunderheiler tätig ist, muss damit rechnen, dass ihm mangels entsprechender Ausbildung bzw. Zulassung die Steuerfreiheit versagt wird. Der Fall zeigt, mit welch skurril anmutenden Fällen man sich im Umsatzsteuerrecht gerade im Bereich der Heilberufe befassen muss. Ob Wunderheiler, wie im vorliegenden Fall, Geistheilerin, die durch Besprechen „mentale“ Rückenbegradigungen vornimmt (Finanzgericht Baden-Württemberg v. 6.7.2016) oder Verkehrstherapie zur Vorbereitung auf den Idiotentest (Finanzgericht Münster 9.8.2011), nur um einige Beispiele zu nennen: Immer endete es vor dem Finanzgericht. Dennoch haben die Ausführungen des Finanzgerichts zu den Anforderungen an den Befähigungsnachweis Relevanz für die Praxis. Denn gerade in Zeiten der Zuwanderung stellt sich nicht nur im Umsatzsteuerrecht die Frage, inwieweit im Ausland erworbene Berufsausbildungen zu berücksichtigen sind.

Gert Klöttschen

Steuerberater

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