Wer vertritt die AG bei Rechtsgeschäften mit Vorstandsbeteiligung?

Kernaussage

Nach dem Gesetz vertritt der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft (AG) diese bei Rechtsgeschäften, die mit einem Vorstandsmitglied selbst geschlossen werden. Der Bundesgerichtshof hatte sich kürzlich mit der – bislang noch nicht geklärten – Frage zu beschäftigen, ob der Aufsichtsrat auch dann die Vertretung in Alleinzuständigkeit übernimmt, wenn das Rechtsgeschäft mit einer Gesellschaft abgeschlossen wird, deren alleiniger Gesellschafter ein Vorstandsmitglied ist.

Sachverhalt

Die klagende AG schloss mit der beklagten GmbH und einer weiteren GmbH einen „Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsvertrag“ über deren Geschäftsanteile an einer dritten GmbH. Der von der AG zu leistende Kaufpreis setzte sich jeweils aus einem Basiskaufpreis von 200.000 € und weiteren Komponenten zusammen; die Alleingesellschafter der beklagten und der weiteren GmbH sollten Vorstandsmitglieder der AG werden. Die Abtretung der Geschäftsanteile war aufschiebend bedingt durch den Abschluss entsprechender Vorstandsdienstverträge. Bei Abschluss des Geschäftsanteilskaufvertrags wurde die AG durch einen Bevollmächtigten ihres Vorstands vertreten. Am Tage des Vertragsabschlusses wurden beide Alleingesellschafter der GmbHs zu Vorständen der AG bestellt; ebenfalls fand die Unterzeichnung ihrer Anstellungsverträge statt. Nach fristgerechter Leistung des Basiskaufpreises nahm die AG die beklagte GmbH mit der Begründung, der Geschäftsanteilskaufvertrag sei wegen Verstoßes gegen die gesetzliche Vertretungsregel des Aktiengesetzes (§ 112 Satz 1 AktG) nichtig, auf Rückzahlung des Basiskaufpreises von 200.000 € nebst Zinsen in Anspruch und bekam Recht.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof urteilte, dass die AG bei Abschluss des Geschäftsanteilskaufvertrags nicht durch einen Bevollmächtigten ihres Vorstands hätte vertreten werden dürfen. Vertretungsberechtigt war allein der Aufsichtsrat: Die gesetzliche Vertretungsregel im AktG sei erweiternd dahingehend auszulegen, dass der Aufsichtsrat die AG auch dann vertrete, wenn die AG ein Rechtsgeschäft mit einer Gesellschaft abschließe, deren Alleingesellschafter ein Vorstandsmitglied sei. Es könne keinen entscheidenden Unterschied machen, ob das Vorstandsmitglied einen Vertrag im eigenen Namen mit der AG abschließe oder ob Vertragspartner der AG eine Gesellschaft sei, deren alleiniger Gesellschafter das Vorstandsmitglied sei. In diesem Fall wirtschaftlicher Identität seien das Vorstandsmitglied und die ihm gehörende“ Gesellschaft, die letztlich nur einen organisatorisch verselbstständigten Teil seines Vermögens darstelle, gleichzusetzen. In beiden Fällen bestehe gleichermaßen die Gefahr der Befangenheit des Vorstands, da jede Entscheidung automatisch ersichtlich direkt auch die persönlichen wirtschaftlichen Interessen eines der Vorstandsmitglieder betreffe.

Konsequenz

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Leider hat der Bundesgerichtshof offengelassen, ob der Aufsichtsrat einer AG darüber hinaus auch dann allein zur Vertretung der AG berufen ist, wenn das Vorstandsmitglied nicht Alleingesellschafter der anderen Gesellschaft ist, sondern lediglich maßgeblichen Einfluss in ihr hat. Seinem Wortlaut nach gilt die gesetzliche Vertretungsregel jedenfalls nur für die Vertretung der AG gegenüber dem Vorstandsmitglied selbst.

Dr. Andreas Rohde

Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht

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Christina Schrey

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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