Wege aus der Krise für soziale Einrichtungen

 

Die pandemiebedingte Lage hat viele Unternehmen wirtschaftlich gebeutelt. Auch soziale Einrichtungen und Non-Profit-Organisationen wurden teilweise hart getroffen. Woran liegt das? Und welche Wege gibt es speziell für sie aus der Krise? Unsere Experten erklären im Interview, was die Lage in diesen Organisationen besonders macht, und zeigen Ansätze für den Turnaround auf. 

Interview: Christine Frosch und Quentin Adrian

 

Warum sehen sich soziale Einrichtungen und Non-Profit-Organisationen in der Pandemie einem besonderen (finanziellen) Druck ausgesetzt? 

Quentin Adrian: Keine Frage: Der Bedarf an sozialen Einrichtungen ist besonders hoch, was nicht zuletzt am demografischen Wandel liegt. Das große Problem ist jedoch, dass die Haushalte oft sehr knapp bemessen sind. Hinzu kommen zunehmender Druck, wirtschaftlich zu handeln, und ein steigender Wettbewerb zwischen den einzelnen Organisationen und Einrichtungen. Die vielfach geforderte Digitalisierung macht in diesen Einrichtungen Transformationsprozesse erforderlich, die neben den eigentlichen Aufgaben des Personals schwer zu bewältigen sind. Und da nicht jede Non-Profit-Organisation das Glück hat, einen starken Finanzierungspartner hinter sich zu wissen, führen diese Faktoren nicht selten in die Krise. 

Unterscheiden sich Krisen in Non-Profit-Organisationen von denen in regulären Unternehmen? 

Quentin Adrian: Nein, grundsätzlich nicht. Krisen in Non-Profit-Organisationen verlaufen im Prinzip nicht anders als bei anderen Unternehmen. Auch ist für sie der Weg aus der Krise durchaus machbar, aber oft steiniger. Die Gründe dafür liegen zum einen in der häufig breit gefächerten Organisationsstruktur, mit vielen Entscheidern und Stakeholdern, die für lange Kommunikationswege sorgen. Entscheidungen werden in der Regel nicht von heute auf morgen getroffen und machen NPOs gewissermaßen behäbig, was es den Beteiligten erschwert, das Geschäftsmodell an den schnelllebigen Zeitgeist und kurzfristige Markterfordernisse anzupassen. Außerdem steht für NPOs in der Regel der Leistungsauftrag bzw. das Gemeinwohl an erster Stelle, wodurch Gewinngenerierung und Profitabilität in den Hintergrund rücken. Auch ein flexibles Pricing ist oft nicht realisierbar, weil es in vielen Fällen durch Pflegesätze o.Ä. vorgegeben ist und erschwerend hinzukommt, dass Zuschüsse, Spenden und Fördermittel wenig Planungssicherheit bieten. Im Endeffekt besteht das Dilemma darin, dass NPOs und soziale Einrichtungen unter einer gewissen öffentlichen Beobachtung stehen und die Gesellschaft gewissermaßen erwartet, dass sie nicht ergebnisorientiert handeln. Das führt zu ineffizienten Strukturen in der Wertschöpfung, hohen Personalkosten und langfristigen Lasten. 

Wo können betroffene NPOs also konkret ansetzen, um schnellstmöglich in ruhigeres Fahrwasser zu gelangen?

Christine Frosch: Das genau ist der Kern des Problems: Es sind gute Ansätze zur Verbesserung der Wertschöpfung in finanz- und leistungswirtschaftlichen Bereichen gefragt. Leistungswirtschaftlich betrachtet sollten NPOs konsequent mit Sozialhilfeträgern und Pflegekassen verhandeln und ihre Personalbedarfs- und Personalkostenplanung verbessern. Gleichzeitig gilt es, Mieten und Beratungskosten zu optimieren und letztlich das Geschäftsmodell auf Herz und Nieren zu prüfen. Hinsichtlich des Finanzwesens ist zu raten, eine kurzfristige Liquiditätsplanung aufzusetzen sowie Controlling und Reporting in den Fokus zu nehmen. Auch die Optimierung von kurzfristigen Finanzierungen oder Kreditsicherheiten kann schon spürbare Entlastung bringen. Aus rechtlicher Sicht gibt es im Sinne eines Restrukturierungsansatzes immer Einzelfallbetrachtungen, die bedeutend werden. Schließlich ist es wichtig, dass die beteiligten Organe sich der hohen Kommunikationsfähigkeit bewusst sind, die für die wichtigen Veränderungen ihres Unternehmens gefragt ist. 

Welche Fragen sollten sich Geschäftsführer betroffener NPOs stellen?

Christine Frosch: In jedem Fall sollten sich Geschäftsführer möglichst frühzeitig um einen Turnaround, also die Sanierung ihres Unternehmens, kümmern und das Zepter selbst in die Hand nehmen, um möglichst viel Handlungsspielraum zu haben. Um die Situation für sich selbst klar zu ziehen, helfen Blick auf und Hinterfragen von fünf Bereichen. 

  • Strategische Positionierung: Besitzt die Non-Profit-Organisation noch ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell? Gibt es womöglich andere Organisationen, die die Zielsetzung besser bedienen und mit denen u.U. eine Kooperation möglich wäre?
  • Akute Liquiditätssituation: Welche Maßnahmen können schnell umgesetzt werden, um kurzfristig die Liquiditätssituation der Organisation zu stabilisieren? Ist die Finanzplanung dafür gut aufgestellt? Bedarf es externer Unterstützung in der Vorbereitung der Gespräche mit den Trägern, in Vergütungs- oder Pflegesatzverhandlungen bzw. in der Kommunikation mit Banken?
  • Finanzwirtschaft: Wie kann sichergestellt werden, dass die Einrichtung langfristig durchfinanziert ist? Benötigt das Unternehmen zur Verbesserung der Finanzierungsstruktur alternative Finanzierungsquellen in Form von Eigen- und/oder Fremdkapital? Welche finanzwirtschaftlichen Maßnahmen können im Rahmen eines Restrukturierungsansatzes und unter Wahrung der Gemeinnützigkeit implementiert werden, ohne den steuerlichen Status der Organisation zu verändern? 
  • Führung und Organisation: Sind die Strukturen noch zeitgemäß? Bedarf es einer strukturellen oder finanziellen Reorganisation des Verbands? Wenn ja, wer kann dabei extern unterstützen? Bedarf es eines Mediators in Form eines Interimsmanagements, um das Vorhaben gut für die Organisation und deren Beteiligte zu gestalten?
  • Kommunikation: Werden interne und externe Kommunikation gleichermaßen bedacht und umgesetzt? Besteht ein abgestimmter Kommunikationsprozess? Wie werden unsere Stakeholder auf unser Vorhaben reagieren? Leisten wir ausreichend Öffentlichkeitsarbeit und adressieren wir an die richtigen Stakeholdergruppen?

Das sind viele Punkte. Kann die dhpg hierbei unterstützen? 

Quentin Adrian: Auf jeden Fall. Eine Krise muss kein Unternehmen alleine durchstehen – auch keine Non-Profit-Organisation. Die dhpg besitzt seit vielen Jahren eine ausgesprochene Expertise in der Beratung von Non-Profit-Organisationen und weiß um die Besonderheiten dieser Unternehmen. Gemeinsam mit unseren Experten aus dem Sanierungsbereich unterstützen wir auch Organisationen in der Krise umsichtig dabei, sie aus finanz- und leistungswirtschaftlicher Perspektive zu stabilisieren und beraten gerne in allen relevanten betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen. Wir schauen ganzheitlich auf Ihre Organisation, damit die für Sie beste Lösung ohne Überraschungen entwickelt wird. Ziel ist es, die Organisation neu aufzustellen – ob aus eigener Kraft durch eine präventive Sanierung oder auch in Form einer Sanierung in Eigenverwaltung. Bei der dhpg gehen die Expertisen der NPO-Beratung sowie der Sanierungsberatung Hand in Hand. 

Christine Frosch

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Insolvenz- und Sanierungsrecht, Wirtschaftsmediatorin

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Quentin Adrian, LL.M.

Steuerberater

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