Wann ist eine Aktiengesellschaft tatsächlich beendet?

 

Kernaussage

Für die liquidationslose Beendigung einer „Vor-Aktiengesellschaft“ bedarf es der Kundgabe der Aufgabe des Gründungswillens. Ein bereits geschlossener Vorstandsdienstvertrag besteht dann mit dem Gründer fort und endet nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage mit den maßgeblichen Kündigungsfristen bei Dienstverhältnissen.

Sachverhalt

Der Beklagte gründete durch notarielle Urkunde eine Aktiengesellschaft (AG). Der Aufsichtsrat der Gesellschaft bestellte den Kläger auf die Dauer eines Jahres zum ersten Vorstand der AG und schloss zugleich einen befristeten Vorstandsdienstvertrag mit diesem ab. Eine Einzahlung durch den Beklagten auf das Grundkapital der AG erfolgte nicht. Entsprechend kam es zu keiner Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister. Darüber hinaus hatte der Kläger keine Zahlung auf die vereinbarte Vorstandsvergütung erhalten. Er machte daraufhin gegen den Beklagten Ansprüche auf Vergütung bzw. Schadensersatz aus seinem Vorstandsdienstvertrag geltend. Das Oberlandesgericht München gab dem Kläger dem Grunde nach Recht.

Entscheidung

Mit der notariellen Beurkundung der Gründung der AG war eine so genannte Vor-AG entstanden, die jedenfalls für die mit der Gründung zusammenhängenden Rechtsgeschäfte rechtsfähig ist. Der Vorstandsdienstvertrag kam zwischen dem Kläger und der Vor-AG, vertreten durch den Aufsichtsrat, wirksam zustande. Unzutreffend war der diesbezüglich vom Beklagten erhobene Einwand, dass bei der Unterschrift des letzten Aufsichtsratsmitglieds die Vor-AG nicht mehr bestand und folglich auch nicht wirksam vertreten werden konnte. Die Vor-AG endet, wenn die Eintragung in das Handelsregister endgültig scheitert oder der Gründer den Gründungs- oder Eintragungswillen endgültig aufgegeben hat. Dieser Aufgabewille ist jedoch kein reines Internum, sondern bedarf eines nach außen erkennbaren Anknüpfungspunktes. In diesen Fällen fallen das Vermögen und im Gegenzug auch die Verpflichtungen der Vor-AG per Gesetz an den Gründer. Ein gesonderter Liquidationsbeschluss ist nicht notwendig. Aus dem geschlossenen Dienstvertrag war daher der Gründer verpflichtet. Der Vertrag endet allerdings nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach Maßgabe der allgemeinen Kündigungsfristen bei Dienstverhältnissen.

Konsequenz

Bei der Gründung einer AG sollten die Gründer davon absehen, bereits die Geschäfte aufzunehmen. Denn beim Scheitern der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister fallen eingebrachte Vermögensgegenstände und Verpflichtungen liquidationslos automatisch dem Gründer zu, der im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in sämtliche Rechte und Pflichten der Vor-AG eintritt. Eine entsprechende Rechtslage besteht für die GmbH.

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