Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen

Hintergrund

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs hat mit Beschluss vom 28.11.2016 entschieden, dass der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt. Der Bundesrat hatte daraufhin die Initiative für eine gesetzliche Neuregelung der Besteuerung von Sanierungsgewinnen ergriffen (siehe dhpg aktuell Ausgabe Mai 2017). Der Bundestag hat nun einen vom ersten Entwurf erheblich abweichenden Gesetzentwurf, auf Empfehlung des Finanzausschusses, angenommen. Zeitgleich ist auch das Bundesfinanzministerium in Aktion getreten und hat ein Schreiben zum Vertrauensschutz für Altfälle veröffentlicht.

Gesetzentwurf

Der überarbeitete Gesetzentwurf baut zwar grundsätzlich auch weiterhin auf dem Sanierungserlass auf, die Voraussetzungen und Rechtsfolgen sind jedoch in Teilen durchaus unterschiedlich. Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer Sanierung sowie Erträge aus bestimmten insolvenzrechtlichen Maßnahmen sollen von der Steuerbefreiung erfasst werden; nach der Gesetzesbegründung ist auch ein negatives Schuldanerkenntnis begünstigt. Im Gegenzug verbraucht der um die nicht abziehbaren Sanierungskosten geminderte Sanierungsgewinn steuerliche Verluste bzw. Verlustpotenziale aus den Vorjahren, dem Sanierungsjahr und dem Folgejahr. Hierbei sieht der überarbeitete Gesetzentwurf nun eine Verlustverbrauchsreihenfolge in 13 Stufen vor, gegebenenfalls sind auch Verluste nahestehender Personen des Steuerpflichtigen betroffen. Die Regelung soll auch für die Gewerbesteuer gelten, wobei auch hier die Entscheidung vom Finanzamt und nicht von der Kommune zu treffen ist. In unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Sanierungsgewinnen stehende Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen sind unabhängig vom Entstehungszeitraum nicht abzugsfähig. Die Neuregelungen sollen an dem Tag der beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission in Kraft treten und für Fälle anzuwenden sein, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8.2.2017 (Tag der Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats) erlassen wurden, es sei denn, dem Steuerpflichtigen sind auf Antrag Billigkeitsmaßnahmen aus Gründen des Vertrauensschutzes für einen Sanierungsertrag zu gewähren.

Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen

Sofern der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis (einschließlich) zum 8.2.2017 endgültig vollzogen wurde, wird der Sanierungserlass von der Finanzverwaltung - unabhängig davon, ob eine verbindliche Auskunft/Zusage vorliegt - weiterhin uneingeschränkt angewendet. In anderen Fällen ist die Anwendung davon abhängig, ob eine verbindliche Auskunft/Zusage erteilt worden ist. Wurde eine verbindliche Auskunft/Zusage bis zum 8.2.2017 erteilt, so genießt der Steuerpflichtige ebenfalls Vertrauensschutz, wenn der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis zur Entscheidung über die Aufhebung oder Rücknahme der verbindlichen Auskunft/Zusage „ganz oder im Wesentlichen“ vollzogen wurde. Wurde eine verbindliche Auskunft/Zusage nach dem 8.2.2017 erteilt, so genießt der Steuerpflichtige nur dann Vertrauensschutz, wenn der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis zur Entscheidung über die Rücknahme vollzogen wurde. Wird die verbindliche Auskunft/Zusage nicht aufgehoben oder widerrufen, hat der Steuerpflichtige bei einem Schuldenerlass nach dem 8.2.2017 nach der Gesetzesbegründung ein Wahlrecht, ob er die gesetzliche Steuerbefreiung (siehe oben) oder die Vertrauensschutzregelung (und Billigkeitsmaßnahme nach dem Sanierungserlass) in Anspruch nehmen will. Liegt zum Beurteilungszeitpunkt weder ein Forderungsverzicht aller an der Sanierung beteiligten Gläubiger noch eine verbindliche Auskunft/Zusage vor, darf eine abweichende Festsetzung oder Stundung nur noch unter Widerrufsvorbehalt erfolgen; Erlassentscheidungen sind zurückzustellen. Verbindliche Auskünfte nach Veröffentlichung des Schreibens des Bundesministeriums für Finanzen sowie die Gewährung von Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall sollen weiterhin möglich sein.

Fazit

Der überarbeitete Gesetzentwurf ist – wohl auch aus Furcht vor missbräuchlichen Gestaltungen – ausgesprochen kompliziert ausgefallen und bleibt zumindest insoweit sehr deutlich hinter dem ersten Entwurf des Bundesrats zurück. Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass das Bundesfinanzministerium zeitgleich ein Schreiben zum Vertrauensschutz veröffentlicht hat; auch insoweit ist die Geschwindigkeit rekordverdächtig. Allerdings sind die Formulierungen an einer Reihe von Stellen nicht eindeutig. Es bleibt zu hoffen, dass die Finanzämter die Fälle mit Augenmaß und im Sinne der notleidenden Unternehmen lösen und zudem die EU-Kommission weder für die Vertrauensschutz- noch für die gesetzliche Regelung von einer Beihilfe ausgeht.

Stefan Hamacher, LL.M.

Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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