Private Nutzung dienstlicher E-Mail-Adressen

 

Worum ging es in dem Fall?

Ein Arbeitgeber hatte seinem Arbeitnehmer eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen, da dieser über die dienstliche E-Mail-Adresse Nachrichten an Freunde und Arbeitskollegen versendet hatte, in denen er insbesondere den Geschäftsführer seines Arbeitgebers beleidigte. Dabei war die private Nutzung der dienstlichen E-Mail-Adresse nicht ausdrücklich erlaubt, jedoch fanden sich in der internen Nutzungsrichtlinie Anweisungen, dass betriebliche Gründe es erfordern könnten, das E-Mail-Postfach auf Anordnung eines Vorgesetzten einzusehen. Von dieser Einsicht könne ein Ordner ausgeschlossen werden, der als privat gekennzeichnet sei. Daneben wurde empfohlen, private E-Mails nach dem Lesen direkt zu löschen. Der Arbeitgeber nahm Hinweise von Kunden, der Arbeitnehmer hätte sich geschäftsschädigend in E-Mails geäußert, zum Anlass, den gesamten E-Mail-Verlauf des Arbeitnehmers aus dem letzten Jahr zu überprüfen. Die E-Mails befanden sich trotz Löschung durch den Arbeitnehmer noch im Archiv und waren nicht als „privat“ gekennzeichnet. Das Gericht ließ in diesem Einzelfall die Verwertung der E-Mails im Prozess nicht zu, was dazu führte, dass die fristlose Kündigung unbegründet war.

Bedeutung des Urteils

Unabhängig von diesem Einzelfall können aus dieser Entscheidung generelle Anforderungen des Landesarbeitsgerichts Hessen an die Regelung zur E-Mail-Nutzung und die Kontrollhandlungen des Arbeitgebers entnommen werden:

  • Konkrete Tatsachen müssen den Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung begründen:
    Für eine Einsichtnahme in den ganzen E-Mail-Account genügt der bloße Hinweis auf ein „geschäftsschädigendes Handeln“ von Kunden nicht. Vielmehr bedarf es konkreter Anhaltspunkte beispielsweise für Beleidigungen. 
  • Klare Anweisung: Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die private Nutzung der dienstlichen E-Mail-Adresse zu gestatten. In jedem Fall sollte eine klare Regelung getroffen werden, wobei viel für ein generelles Verbot spricht. Bei einer eingeschränkten Erlaubnis sollte ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden, damit trotzdem eine Einsichtnahme im Bedarfsfall rechtssicher möglich ist und auch Mitbestimmungsaspekte sachgerecht geregelt werden können.
  • Zweck der Einsichtnahme benennen: Dem Arbeitnehmer muss von vornherein klar sein, zu welchen Zwecken und unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber Einsicht in das E-Mail-Postfach nehmen kann.

Dr. Christian Lenz

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Steuerrecht / Fachanwalt für Informationstechnologierecht

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Kirsten Garling

Rechtsanwältin

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Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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IT-Prüfer und Berater

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