Praxistipp: Wann greift der Sonderkündigungsschutz?

Der allgemeine Kündigungsschutz zielt auf die Sozialwidrigkeit einer ausgesprochenen Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz ab. Darüber hinaus besteht für bestimmte Arbeitnehmer ein Sonderkündigungsschutz, der bereits vor der Kündigungserklärung einsetzt und dessen Wirksamkeit von besonderen Voraussetzungen abhängt. 

Schwangere

Für Frauen gilt sowohl während der Schwangerschaft, als auch bis zu vier Monate nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche und bis zu acht Wochen nach der Geburt ein Sonderkündigungsschutz. Voraussetzung ist, dass dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung die Schwangerschaft, Fehlgeburt oder die Entbindung bekannt war oder sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Liegen diese Voraussetzungen vor, setzt die Zulässigkeit der Kündigung die vorherige Zustimmung der zuständigen Landesbehörde voraus. Die Zustimmung ist ausnahmsweise nur zu erteilen, wenn Gründe vorliegen, die mit dem besonderen Kündigungsschutz der Frau nicht im Zusammenhang stehen wie z.B. Stilllegung des Betriebs oder wirtschaftliche Gefährdung des Arbeitgebers. Auch verhaltensbedingte Gründe, die über den „wichtigen Grund“ für eine fristlose Kündigung hinausgehen, können herangezogen werden (z.B. Vermögensdelikte gegen den Arbeitgeber oder dessen tätliche Bedrohung).

Elternzeit

Arbeitnehmer in der Elternzeit genießen ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit beantragt worden ist, besonderen Kündigungsschutz. Dieser beginnt frühestens acht Wochen vor Beginn der Elternzeit bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes und frühestens 14 Wochen zwischen dem dritten und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes. Auch hier verlangt der Kündigungsausspruch die vorherige Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörde. Ebenso müssen die genannten Gründe vorliegen, die eine Zustimmung rechtfertigen.

Schwerbehinderte

Die Kündigung von Schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Arbeitnehmern bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Auf die Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwerbehinderung kommt es nicht an. Allerdings kann sich der Arbeitnehmer auf den besonderen Kündigungsschutz als schwerbehinderter Mensch nur dann berufen, wenn er den Arbeitgeber binnen drei Wochen nach Kündigungszugang hierüber informiert. Der Sonderkündigungsschutz greift jedoch erst nach Ablauf von sechs Monaten des ununterbrochenen Bestehens des Arbeitsverhältnisses, also nicht während der Probezeit. Er greift außerdem nicht für Arbeitnehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet und Anspruch auf Abfindung aufgrund eines Sozialplans haben.

Betriebsräte 

Die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist nur als fristlose Kündigung zulässig und setzt die Zustimmung des Betriebsrats oder eine gerichtliche Entscheidung voraus. Der besondere Kündigungsschutz setzt schon früher ein. Er gilt auch für Arbeitnehmer, die zu einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands einladen, für Mitglieder des Wahlvorstands und für Wahlbewerber. Ihr Sonderkündigungsschutz endet – wenn sie nicht in den Betriebsrat gewählt worden sind – mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Die außerordentliche fristlose Kündigung eines Betriebsratsmitglieds bedarf ihrerseits der Zustimmung des Betriebsrats. Wird die Zustimmung verweigert, kann sie auf Antrag des Arbeitgebers durch das Arbeitsgericht ersetzt werden. 

Auszubildende

Ausbildungsverhältnisse können nach Ablauf der Probezeit nur aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Die Kündigung muss schriftlich unter Angabe der Kündigungsgründe erklärt werden. Ist bei der Handwerkskammer oder der IHK ein Ausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Auszubildendem und Ausbilder gebildet, ist er vor der Kündigung innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist einzuschalten. Besonders zu beachten ist, dass dem Auszubildenden ein Schadensersatzanspruch zusteht, wenn der Ausbilder grundlos nach der Probezeit kündigt. Und das kann teuer werden, da es für den Schaden keine Höchstgrenze gibt. So kann auch der künftige Verdienstausfallschaden zu ersetzen sein, den der Auszubildende erleidet.

Fazit

Der besondere Kündigungsschutz birgt erhebliche Fallstricke, die für den Arbeitgeber nachteilig sind, wenn er das Dickicht der Zustimmungsvoraussetzungen nicht beachtet. Guter Rat des Experten ist daher nicht teuer, sondern erspart Rechtsnachteile. Die Experten der dhpg beraten Sie persönlich. 

Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Michael Huth

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Alexander Kirsch

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht

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