Neues Merkblatt zum Schieds- und Verständigungsverfahren

Ausgangspunkt

Kommt es im Rahmen von steuerlichen Betriebsprüfungen zu Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen, entsteht hierdurch regelmäßig eine Doppelbesteuerung. Wenn diese nicht durch einseitige Maßnahmen wie die Vornahme einer entsprechenden Gegenberichtigung im anderen Staat beseitigt werden kann, verbleibt als Lösung nur die Einigung zwischen den betroffenen Staaten über die zutreffende Aufteilung des Besteuerungsrechts. Der Weg zu einer solchen Einigung ist das so genannte Verständigungsverfahren, das in den meisten von Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) vorgesehen ist. Im Verhältnis zu den übrigen EU-Mitgliedsstatten sorgt zudem die Schiedskonvention dafür, dass am Ende des Verständigungsverfahrens eine Einigung zwischen den Staaten erzielt werden muss.

Regelungsinhalt des Merkblatts

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 9.10.2018 ein neues Merkblatt zum internationalen Verständigungs- und Schiedsverfahren auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen veröffentlicht. Das bisherige Schreiben vom 13.7.2006 wird hierdurch ersetzt; zudem finden die Regelungen aus dem BMF-Schreiben vom 5.4.2017 Eingang in das umfassende Merkblatt. Das Merkblatt nimmt dezidiert zu den einzelnen Phasen eines Verständigungs- bzw. Schiedsverfahrens (Einleitung, Durchführung, Umsetzung) und zu weiteren Aspekten wie z.B. den Kosten des Verfahrens Stellung.

Besonderheiten beim Verzicht auf ein Verständigungsverfahren

In der Vergangenheit kam es nicht selten vor, dass die Betriebsprüfung eine Einigung mit dem Steuerpflichtigen davon abhängig machte, dass dieser im Vorfeld erklärte, auf die Einleitung eines Verständigungs- bzw. Schiedsverfahrens zu verzichten. Es ist daher zu begrüßen, dass das BMF-Schreiben diese Praxis offenbar beenden möchte, indem es darauf hinweist, dass das Recht auf Zugang zu einem Verständigungs- oder Schiedsverfahren von der Finanzverwaltung nicht behindert werden darf. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings eine Ausnahme: Wenn der Steuerpflichtige eine so genannte tatsächliche Verständigung beantragt, darf die Finanzverwaltung deren Abschluss davon abhängig machen, dass der Steuerpflichtige darauf verzichtet, den Inhalt der tatsächlichen Verständigung zum Gegenstand eines Schiedsverfahrens zu machen. In diesem Fall kann zwar nachträglich noch ein Verständigungsverfahren geführt werden, ein Anspruch auf Einigung im Rahmen eines Schiedsverfahrens besteht jedoch nicht.

Fazit

Kommt es bei Betriebsprüfungen zu einer Berichtigung von grenzüberschreitenden Verrechnungspreisen, ist ein Verständigungs- bzw. Schiedsverfahren häufig der geeignete Weg, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Für die betroffenen Unternehmen und deren Berater bietet das Merkblatt des BMF eine wichtige Hilfestellung bei der Beantragung und Begleitung solcher Verfahren. Sie sind zwar keine direkten Beteiligten am Verfahren, können aber durch ihre Handlungen auf die Dauer und den Ausgang des Verfahrens Einfluss nehmen.

Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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