Es bleibt dabei: Kein steuerlicher Abzug für bürgerliche Kleidung

Typische Berufskleidung oder bürgerliche Kleidung?

Der Bundesfinanzhof vertritt im Zusammenhang mit der steuerlichen Abzugsmöglichkeit von Kleidung seit jeher die Auffassung, dass zu unterscheiden sei zwischen „typischer Berufskleidung“ und Kleidung, die diesem Typusbegriff nicht unterfällt, meist als „bürgerliche Kleidung“ bezeichnet. Aufwendungen für typische Berufskleidung sind insgesamt abziehbar, die für bürgerliche Kleidung dagegen nicht, auch nicht teilweise. Das Abzugsverbot gilt selbst dann, wenn feststeht, dass die bürgerliche Kleidung überwiegend oder nahezu ausschließlich oder ausschließlich im Beruf getragen wird. In seinen Urteilen hat der Bundesfinanzhof zur Begründung u.a. darauf verwiesen, dass Kleidung grundsätzlich deswegen getragen werde, weil der Mensch im Alltag nicht nackt sein möchte, sondern bekleidet, sodass das Tragen von Bekleidung ein allgemeines menschliches Bedürfnis befriedige, womit es privat veranlasst und Ausfluss der Lebensführung sei. Mit einer Entscheidung des Großen Senats im Jahr 2009 hatte der Bundesfinanzhof seine bis dahin geltende Rechtsprechung zum Aufteilungsverbot auf den Kopf gestellt und anlässlich einer gemischt veranlassten Reise eines EDV-Controllers nach Las Vegas das steuerliche Aufteilungsgebot bestimmt. Die Aufteilung von Kosten mit anteiliger steuerlicher Berücksichtigung ist seitdem das Ergebnis vieler Urteile geworden. Ob das beim Bundesfinanzhof zum Umdenken und zumindest zur anteiligen Berücksichtigung der Aufwendungen für bürgerliche Kleidung geführt hat, ist jüngst entschieden worden.

Schwarze Kleidung eines Trauerredners für Finanzamt und Finanzgericht keine typische Berufskleidung

Ein selbstständiger Trauerredner und Trauerbegleiter machte Aufwendungen für die Anschaffung, Änderung, Reparatur und Reinigung von Kleidung (Anzüge, Hemden, Schuhe etc.) als Betriebsausgaben geltend. Im Anschluss an eine Außenprüfung ließ das Finanzamt den Abzug nicht zu. Im darauffolgenden Klageverfahren beantragte der Trauerredner noch die Hälfte der Aufwendungen. Er führte aus, dass der schwarze Anzug der Position des Trauerredners Ausdruck verleihe und den erwarteten Rahmen gebe. Entscheidend sei die Erwartungshaltung der Hinterbliebenen und der Trauergemeinde. Kein Auftraggeber würde tolerieren, wenn ein Leichenbestatter bei Besprechungen, ein Geistlicher in seiner Predigt und ein Bestattungsredner bei seinen Vorgesprächen und während der Trauerrede keinen schwarzen Anzug nebst schwarzen Schuhen trüge. In früheren Entscheidungen hatte der Bundesfinanzhof in den Aufwendungen für schwarze Kleidung eines Leichenbestatters, eines Oberkellners sowie eines katholischen Geistlichen „typische Berufskleidung“ gesehen und den Abzug zugelassen. Hierauf berief sich der Trauerredner, das Finanzgericht aber lehnte die Klage ab und ließ die Revision beim Bundesfinanzhof zu.

Bundesfinanzhof beurteilt Kosten als solche privater Lebensführung

Die Revision führte nicht zum Erfolg. Der Bundesfinanzhof bestätigte, dass Aufwendungen für Kleidung als unverzichtbare Aufwendungen der Lebensführung nicht abziehbar seien. Sie seien nur dann als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, wenn es sich um Aufwendungen für typische Berufskleidung handele. Schwarze Anzüge, Blusen und Pullover fielen nicht hierunter, da es sich um bürgerliche Kleidung handele, die auch privat getragen werden könne. Für diese sei kein Betriebsausgabenabzug zu gewähren, selbst wenn die Kleidung ausschließlich bei der Berufsausübung benutzt oder das Tragen von schwarzer Kleidung von den Trauernden erwartet werde. Als typische Berufskleidung sieht der Senat Kleidungsstücke an, die

  • nach ihrer Beschaffenheit objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Nutzung bestimmt und geeignet und
  • wegen der Eigenart des Berufs nötig sind bzw. bei denen die berufliche Verwendungsbestimmung bereits aus ihrer Beschaffenheit entweder durch ihre Unterscheidungsfunktion (z.B. bei Uniformen oder durch dauerhaft angebrachte Firmenembleme) oder durch ihre Schutzfunktion (z.B. bei Schutzanzügen, Arbeitsschuhen) folgt.

Keine Aufteilung der Kosten privater Lebensführung

Der Bundesfinanzhof merkt an, dass sich theoretisch auch Aufwendungen etwa für bürgerliche Kleidung, für eine Brille oder für eine Armbanduhr bei feststehender Arbeitszeit aufteilen ließen. Derartige Aufwendungen der Lebensführung sind aber nach Maßgabe des subjektiven Nettoprinzips durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten oder als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Insoweit unterscheide sich der Fall vom Sachverhalt zur Aufteilung von Reisekosten in der Grundsatzentscheidung des Großen Senats.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.3.2022 – VIII R 33/18

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