Kein Anspruch auf Erholungsurlaub bei unbezahltem Sonderurlaub

 

In Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Urteil festgelegt, dass bei der Berechnung der Urlaubsdauer berücksichtigt werden muss, wenn sich ein Arbeitnehmer im Urlaubsjahr ganz oder teilweise im unbezahlten Sonderurlaub befindet und daher die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch vereinbarten Sonderurlaub vorübergehend ausgesetzt haben. Dies führe dazu, dass einem Arbeitnehmer für ein Kalenderjahr, in dem er sich durchgehend im unbezahlten Sonderurlaub befindet, mangels einer Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub zustehe.

Hintergrund

Im vorliegenden Fall klagte eine Beschäftigte, die mit dem Arbeitgeber von September 2013 bis Ende August 2015 unbezahlten Sonderurlaub vereinbart hatte. Zwar hatte der Arbeitgeber 2013 bereits 16 und 2015 insgesamt 23 Urlaubstage gewährt. Die Mitarbeiterin verlangte jedoch die gesamten noch offenen Urlaubstage aus den Jahren 2013 bis 2015. Sie vertrat die Auffassung, Urlaubsansprüche entstünden auch im ruhenden Arbeitsverhältnis. Eine Kürzung dieser Ansprüche sei daher unzulässig.

Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht wiederum hatte der Beschäftigten den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Urlaubstagen für das Jahr 2014 zugesprochen. In der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht ging es nun noch um die 20 Urlaubstage aus dem Jahr 2014. Diese seien nach Auffassung des Arbeitgebers bereits Ende Dezember 2014, spätestens jedoch Ende März 2015 und allerspätestens Ende Mai 2015 untergegangen.

Urteil

Im Ergebnis hat das Bundesarbeitsgericht dem Arbeitgeber zugestimmt. Die Mitarbeiterin hat für das Jahr 2014 keinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub. Die Richter begründeten das Urteil jedoch zunächst unter Bezugnahme auf die Umrechnung in § 3 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz – BUrlG. Danach beläuft sich laut Gesetz der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage. Dies entspricht einem gesetzlichen Jahresurlaubsanspruch von 20 Tagen bei einer Fünf-Tage-Woche. Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, muss die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus berechnet werden, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten. Diese Umrechnung hat das Bundesarbeitsgericht in Fällen des Sonderurlaubs bislang gerade nicht vorgenommen, wie der Blick auf seine bisherige Rechtsauffassung zeigt. Eben diese Rechtsprechung wollte der Senat nun jedoch nicht mehr aufrechterhalten. Vielmehr muss nach aktueller Rechtsprechung der Sonderurlaub bei der Berechnung des gesetzlichen Urlaubs berücksichtigt werden.

Fazit

Mit dieser Rechtsprechung rückt das Bundesarbeitsgericht entscheidend von seiner bisherigen Auffassung ab. Noch in seinem Urteil von 2014 hatte es entschieden, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch lediglich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraussetzt, nicht aber etwa die Erbringung von Arbeitsleistungen im Bezugsraum. Damit zeigte es sich weit mehr arbeitnehmerfreundlich. Allerdings scheint sich ein gegenläufiger Trend abzuzeichnen: Auch in einem ähnlich gelagerten Fall entschied das Bundesarbeitsgericht über die Möglichkeit einer Kürzung von Urlaubstagen, indem es die bestehende Sonderregelung des § 17 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG explizit bestätigt hat. Danach ist es möglich, den gesetzlichen Urlaubsanspruch im Zeitraum der Elternzeit zu kürzen. Das Bundesarbeitsgericht schließt sich damit auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs an.

Ob sich dieses Urteil auch auf andere unbezahlte Freistellungen auswirkt, bei denen das Arbeitsverhältnis ruht und die Hauptleistungspflichten durch Vereinbarung ausgesetzt sind, ist durch die aktuelle Rechtsprechung noch nicht gesichert – dies dürfte wohl erst die ausführliche Urteilsbegründung zeigen.

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