Grünes Steuerrecht – Anreize zu umweltbewusstem Verhalten

 

Was ist das eigentlich genau, „grünes Steuerrecht“?

Quentin Adrian: „Grünes“ Steuerrecht ist kein fest definierter Begriff. Zurzeit wird ja sehr viel unter den Begriff „grün“, aber beispielsweise auch unter „Umwelt“ oder „Klima“, gefasst, weil es dem Zeitgeist entspricht. Nicht immer ist diese Benennung allerdings auch tatsächlich gerechtfertigt. Als Stichwort sei hier das Problem des „Greenwashings“ genannt. Auch fällt für uns unter den Begriff ausdrücklich nicht das steuerpolitische Konzept einer bestimmten Partei. Wir verwenden den Begriff vielmehr, um darunter bestimmte steuerliche Maßnahmen zu fassen, die dem Umwelt- und Klimaschutz dienen sollen und insbesondere in den letzten Jahren neu geschaffen wurden. Damit ist es für unsere Mandanten einfacher, diese entsprechend einzuordnen und sich darüber zu informieren. Unser Beratungsangebot beschränkt sich dabei bewusst auf rein steuerliche Aspekte; zu den sehr vielseitigen Fördermaßnahmen außerhalb des Steuerrechts, wie Prämien, vergünstigten Krediten und Zuschüssen, finden unsere Mandanten umfassende Beratung bei ihrem Bankberater oder wir vermitteln entsprechende Kontakte zu Experten auf diesem Gebiet.

Was für steuerliche Maßnahmen sind das konkret?

Dr. Lutz Engelsing: Es gibt zwei große Bereiche, in denen der Gesetzgeber im Steuerrecht Anreize zu einem umweltbewussteren Verhalten geschaffen hat. Das sind einmal der Bereich Verkehr und dann der Bereich Immobilien. Im Bereich Verkehr sind als wesentliche Aspekte die Sonderabschreibung für Elektronutzfahrzeuge, also Streetscooter, Lastenfahrräder und Lieferwagen, zu nennen, die vergünstigte Besteuerung der privaten Nutzung von betrieblichen Elektrofahrzeugen oder Plug-in-Hybriden (Stichwort: 0,5- oder 0,25-Prozent-Regelung anstatt der 1-Prozent-Regelung) oder die Kfz-Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge. Hinzu kommen diverse lohnsteuerliche Befreiungen für Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber ihnen umweltfreundliche Vergünstigungen zusätzlich zum regulären Arbeitslohn zukommen lässt. So ist die private Nutzung eines betrieblichen (Elektro-) Fahrrads beispielsweise lohnsteuerfrei möglich, ebenso eine Bezuschussung des Jobtickets oder das kostenfreie Laden eines Elektrofahrzeugs an einer Stromtankstelle des Arbeitnehmers.

Gibt es dabei einen Aspekt, den Sie als Steuerberater besonders spannend finden?

Quentin Adrian: Ja, den gibt es in der Tat. Voraussetzung für die Lohnsteuerfreiheit beim Arbeitnehmer ist, dass die Vergünstigungen zusätzlich zum regulären Arbeitslohn geleistet werden, also quasi „on top“ kommen müssen. Bei der nächsten Gehaltsverhandlung könnte man somit überlegen, ob die Gehaltserhöhung nicht beispielsweise in Form eines Elektrofahrrads oder eines Jobtickets erfolgen kann. Im Ergebnis erhält der Arbeitnehmer de facto mehr Netto vom Brutto und der Arbeitgeber spart sich die anteiligen Sozialversicherungsbeiträge. Hierbei muss man zwar sorgfältig vorgehen und die formalen Fallstricke beachten, aber am Ende ist es für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber eine steuerliche Win-win-Situation. Und für die Umwelt natürlich auch.

Wie sieht es denn mit den angesprochenen steuerlichen Maßnahmen bei Immobilien aus?

Dr. Lutz Engelsing: Auch hier bestehen sehr interessante steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten. Im Gegensatz zu den Anreizen im Bereich Verkehr, die größtenteils im beruflichen Umfeld angesiedelt sind, befinden wir uns hier mehr auf der privaten Ebene der Steuerpflichtigen. Als ein zentrales Element ist die Steuerermäßigung für energetische Gebäudesanierungen zu nennen. Das Prinzip kennt man bereits und ist das gleiche wie bei den haushaltsnahen Dienst- und Handwerkerleistungen. Es wird also die tatsächliche Steuerlast unmittelbar um einen bestimmten Anteil der Kosten gemindert. Der steuerliche Vorteil ist also nicht davon abhängig, wie hoch der individuelle Steuersatz jeweils ist. Im Falle der energetischen Gebäudesanierungen, wozu übrigens ausdrücklich auch die Kosten für den Energieberater gehören, können dabei verteilt in den drei Jahren nach der Sanierung 20 % der Kosten, insgesamt bis zu 40.000 €, steuermindernd geltend gemacht werden. Im Ergebnis übernimmt der Fiskus hier mit barer Münze die Kosten anteilig bis zu der genannten Höhe. Allerdings sollte man nicht unerwähnt lassen, dass man für diese Höhe der Steuerentlastung erstens auch eine entsprechende Steuerbelastung haben muss, zweitens die übrigen 80 % stets selbst aufbringen muss.

Und welche weiteren steuerlichen Entlastungsmöglichkeiten gibt es noch im Bereich Immobilien?

Quentin Adrian: Diese bewegen sich insbesondere im Bereich der umweltschonenden Energieerzeugung im Zusammenhang mit Immobilien. Einerseits ist der erzeugte Strom aus erneuerbaren Energiequellen von der Stromsteuer befreit, andererseits wird sowohl die erzeugte Energie aus sogenannten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen als auch die Wärme zum Heizen von der Energiesteuer entlastet.

Bieten Immobilien auch interessante steuerliche Gestaltungsmodelle?

Dr. Lutz Engelsing: Tatsächlich gibt es gerade in diesem Bereich eine recht wohlwollende Auffassung der Finanzverwaltung, die die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags und die Inanspruchnahme von gewissen Sonderabschreibungen für Photovoltaik- und Blockheizkraftwerkanlagen auch dann ermöglicht, wenn ein nicht unwesentlicher Teil der dort erzeugten Energie selbst verbraucht wird. Dies wird in anderen Fällen, beispielsweise bei einer privaten PKW-Nutzung, deutlich strenger gesehen.

Dr. Lutz Engelsing

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Quentin Adrian, LL.M.

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