Wie genau muss der von der GmbH übernommene Gründungsaufwand im Gesellschaftsvertrag offengelegt werden?

Gesellschaftsvertrag einer neu gegründeten GmbH muss Gründungsaufwand detailliert darstellen

Das Gesetz bestimmt, dass der Gründungsaufwand, den die GmbH bei ihrer Gründung zulasten ihres Stammkapitals zu tragen hat, im Gesellschaftsvertrag als Gesamtbetrag offengelegt wird. In den allermeisten Satzungen deutscher GmbHs sind dazu knappe Standardformulierungen zu finden. Ganz aktuell hat sich das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein damit befasst, ob das ausreicht, und festgestellt, dass die von der GmbH zu tragenden Kosten als Gesamtbetrag (Endsumme) im Gesellschaftsvertrag auszuweisen sind. Beträge, die noch nicht genau beziffert werden können, müssen geschätzt und diejenigen Gründungskosten, die die GmbH tragen soll, im Einzelnen aufgeführt und beziffert werden.

Böse Überraschung bei Eintragung einer neu gegründeten GmbH

Eine GmbH wurde Anfang 2022 mit einem Stammkapital von 27.000 € neu gegründet. Im Gesellschaftsvertrag war bestimmt, dass „die Gesellschaft Kosten und Steuern dieses Vertrages und seiner Durchführung bis zu einem Höchstbetrag von 2.500 € trägt“. Als der Geschäftsführer die neue GmbH zur Eintragung ins Handelsregister anmelden wollte, erlebte er eine böse Überraschung: Das Handelsregister forderte dazu auf, die Satzung (weitere Notarkosten auslösend!) zu ändern und die von der GmbH übernommenen Gründungskosten näher aufzuschlüsseln. Der Geschäftsführer sah das nicht ein und meinte, es sei nur erforderlich, den Gesamtbetrag in der Satzung ziffernmäßig auszuweisen, nicht aber die einzelnen Kostenpositionen, denn der Gesetzgeber habe eine diesbezügliche Aufschlüsselung auch im Musterprotokoll des GmbH-Gesetzes nicht vorgesehen und damit zum Ausdruck gebracht, eine Aufschlüsselung bei der GmbH nicht für erforderlich zu halten. Er musste sich schließlich eines Besseren belehren lassen. 

Registergericht lehnt Eintragung der neuen GmbH ab – zu Recht?

Das Registergericht betonte daraufhin nochmals, dass die schlichte Festlegung einer Obergrenze zwar notwendig, nach aktueller Rechtsprechung aber nicht ausreichend sei. Aus Gläubigerschutzgründen sei es nötig, eine genaue Verwendung der durch die GmbH zu tragenden Kosten bereits vor Abschluss eventueller Rechtsgeschäfte transparent zu machen. Diese Ansicht teilte auch das Oberlandesgericht, an das sich der Geschäftsführer schließlich gewandt hatte. Die dortigen Richter:innen meinten, die Eintragung der GmbH ins Handelsregister sei zu Recht abgelehnt worden. Nach dem GmbHG darf eine solche nämlich erst erfolgen, wenn die GmbH ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist. Das war hier nicht der Fall, denn der Passus zur Tragung der Gründungskosten im Gesellschaftsvertrag verletzte eine im GmbH-Recht entsprechend anwendbare aktienrechtliche Gläubigerschutz-Vorschrift. Danach ist der Gesamtaufwand, der zulasten der Gesellschaft an Gesellschafter:innen oder andere Personen als Entschädigung oder Belohnung für die Gründung gewährt wird, in der Satzung gesondert festzusetzen. Diesen Anforderungen genügte die vorliegende gesellschaftsvertragliche Bestimmung zu den Gründungskosten nach Auffassung der Richter:innen des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein in zweierlei Hinsicht nicht: Denn zum einen war der von der GmbH zu tragende Gesamtbetrag nicht konkret festgeschrieben und zum anderen waren die von der GmbH zu tragenden Kosten nicht im Einzelnen aufgeführt.

Worauf bei Formulierung eines Gesellschaftsvertrags künftig genauer zu achten ist

Entgegen der weitverbreiteten Ansicht ist die bloße Bezifferung eines Gesamthöchstbetrags, bis zu dem die Gesellschaft die Gründungskosten trägt, jedenfalls nicht ausreichend, weil dabei die genaue Vorbelastung der GmbH unklar bleibt. Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein stellt im aktuellen Beschluss ausdrücklich klar, dass die von der GmbH zu tragenden Kosten als konkreter Gesamtbetrag im Sinne einer Endsumme im Gesellschaftsvertrag ausgewiesen werden müssen. Dabei sind Beträge, die noch nicht genau beziffert werden können, zu schätzen. Darüber hinaus müssen wohl zukünftig die Gründungskosten, die die GmbH tragen soll, einzeln detailliert aufgeführt werden, damit nachvollziehbar ist, um welche Kostenpositionen es sich konkret handelt. Es bleibt abzuwarten, ob sich weitere Oberlandesgerichte dieser Rechtsprechung anschließen werden. Bei Neugründungen ist daher vorsichtshalber darauf zu achten, dass die gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen zum Gründungsaufwand so detailliert wie möglich formuliert sind. Anderenfalls droht eine Verzögerung bei der Eintragung sowie eine – weitere Beurkundungskosten auslösende – Pflicht zur Änderung des Gesellschaftsvertrags. 

Oberlandesgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 21.2.2023 – 2 Wx 50/22

Dr. Olaf Lüke

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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