Update: Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität

Kernaussage

Anlässlich der Bilanzskandale von Kapitalmarktunternehmen in der jüngeren Vergangenheit hat das Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt unbestritten stark gelitten. Intuitiv wird in solchen Situationen nach verstärkter Regulierung gerufen. Dieser Reflex ließ nicht lange auf sich warten: Am 26. Oktober 2020 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) auf seiner Internetseite den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz – FISG) veröffentlicht, das Maßnahmen in verschiedenen Bereichen vorsieht. Am 16. Dezember 2020 wurde dann ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung für ein FISG veröffentlicht und am 10. Juni 2021 wurde schließlich das FISG in seiner finalen Fassung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Während die meisten Regelungen am 1. Juli 2021 in Kraft getreten sind, ist für einige wenige Regelungen der 1. Januar 2022 als Erstanwendungszeitpunkt vorgesehen. Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber für einige der ab dem 1. Juli 2021 geltenden Bestimmungen Übergangsregelungen vorgesehen hat.

Ausweitung der Rechte der BaFin

Das bisherige Verfahren zur Bilanzkontrolle, das eine freiwillige Mitwirkung der geprüften Unternehmen vorsah, wird durch das FISG geändert. So wird der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zukünftig schon bei Verdacht von Bilanzmanipulationen ein hoheitliches Prüfungsrecht gegenüber allen kapitalmarktorientierten Unternehmen eingeräumt. Zusätzlich soll die BaFin Auskunftsrechte gegenüber Dritten, die Möglichkeit forensischer Prüfungen sowie das Recht, die Öffentlichkeit früher als bislang über ihr Vorgehen zu informieren erlangen. 

Stärkung der Unabhängigkeit der Abschlussprüfer und Erhöhung der Haftung

Für kapitalmarktorientierte Unternehmen gilt zukünftig eine Verpflichtung zur externen Rotation der Abschlussprüfer nach zehn Jahren. Eine Ausweitung auf 20 bzw. 24 Jahre bei Prüfung im Rahmen eines Joint Audit soll nicht mehr zulässig sein. Darüber hinaus soll die Verpflichtung zur Trennung von Prüfung und Beratung bei Kapitalmarktunternehmen ausgeweitet werden. Konkret würde dies bedeuten, dass der Abschlussprüfer nicht zugleich auch Steuerberatungs- oder Bewertungsdienstleistungen an das geprüfte Unternehmen bzw. an dessen Tochter- oder Mutterunternehmen in der EU erbringen dürfte. Eine weitere Maßnahme, die auf die Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfung abzielen soll, ist die verschärfte zivilrechtliche Haftung des Abschlussprüfers gegenüber dem geprüften Unternehmen für Pflichtverletzungen. Je nachdem, ob fahrlässiges, grob fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln des Abschlussprüfers vorliegen, sind abgestufte Haftungsvolumina vorgesehen. Bei vorsätzlichem Handeln haftet der Abschlussprüfer sogar unbegrenzt. 

Anpassungen im Bilanzstrafrecht

Das Bilanzstrafrecht wird verschärft, um Unternehmensverantwortliche vor Abgabe eines unrichtigen „Bilanzeids“ abzuschrecken. Auch Abschlussprüfer von kapitalmarktorientierten Unternehmen müssen bei Abgabe eines inhaltlich fehlerhaften Bestätigungsvermerks mit härteren Konsequenzen rechnen.

Höhere Anforderungen an die Corporate Governance

Auch für die Anpassung der Strukturen in den Unternehmen von öffentlichem Interesse enthält das FISG Vorgaben im Hinblick auf die Ausgestaltung eines wirksamen internen Kontrollsystems sowie eines entsprechenden Risikomanagementsystems. Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich hierbei nicht um eine gänzlich neue Pflicht, sondern um eine Klarstellung, welche Sorgfaltspflichten der Vorstand nach der aktuellen Rechtslage erfüllen muss. Das Gesetz sieht für den Aufsichtsrat künftig die Verpflichtung vor, bei kapitalmarktorientierten Unternehmen über mindestens ein Mitglied mit Sachverstand auf dem Gebiet der Rechnungslegung und darüber hinaus über mindestens ein weiteres Mitglied mit Sachverstand auf dem Gebiet der Abschlussprüfung zu verfügen. Darüber hinaus besteht für Aufsichtsräte von Kapitalmarktunternehmen zukünftig eine Verpflichtung zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses. Dieser soll sich explizit mit der Qualität der Abschlussprüfung beschäftigen und muss ebenso wie der Aufsichtsrat selbst jeweils mindestens ein Mitglied mit Kenntnissen auf dem Gebiet der Rechnungslegung bzw. auf dem Gebiet der Abschlussprüfung aufweisen.

Fazit

Zielsetzung des Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz ist es, das Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt dauerhaft wiederherzustellen. Hierzu sind Maßnahmen in verschiedenen Bereichen vorgesehen, die dazu dienen sollen, die Bilanzkontrolle zu stärken und die Abschlussprüfung weiter zu regulieren. Auch die Aufstellung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist angepasst worden. Mit der Beurteilung, ob im geprüften Abschluss die geltenden Rechnungslegungsvorschriften eingehalten wurden, erbringt der Wirtschaftsprüfer eine wichtige Leistung für Öffentlichkeit und Unternehmen. Mehr noch als eine weitere Regulierung erscheint der zunehmende Einsatz von IT-gestützten Prüfungshandlungen und die Auswahl und Zusammensetzung des Prüfungsteams als zielführend.

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Andreas Stamm

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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Sascha Erger

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