Gegenleistung bei der Grunderwerbsteuer bei Vorliegen eines Ökokontos

Kernaussage

Die Gegenleistung für die Übernahme eines Ökokontos gehört zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Gegenleistung für die Übernahme eines Ökokontos zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage gehört.

Die Klägerin war Teilnehmerin des beschleunigten Zusammenlegungsverfahrens B nach dem Flurbereinigungsgesetz (FlurbG). Nach dem Zusammenlegungsplan hatte die Klägerin kein Grundstück eingeworfen, aber mehrere Grundstücke erhalten. Für eines dieser Grundstücke hatte der Voreigentümer die Einrichtung eines Ökokontos beantragt und erhalten. In der Ausführungsanordnung ordnete die Bezirksregierung E die Ausführung des Zusammenlegungsplans an. Die Bezirksregierung teilte dies dem Beklagten mit und bat um Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung. Dem Schreiben waren mit dem Zusammenlegungsplan übereinstimmende Auszüge beigefügt, aus denen die der Klägerin nunmehr zugeordneten Grundstücke ersichtlich waren. In den Auszügen ist auch eine Seite über Ausgleiche und Entschädigungen enthalten. Darin werden folgende Beträge aufgeführt:

  • Geldausgleich für die Übernahme von genehmigtem Sandabbaurecht (§ 50 FlurbG)
  • Geldausgleich für die Übernahme eines Ökokontos (§ 50 FlurbG)
  • Einmaliger Kostenbeitrag zu den Ausführungskosten/Vermessungskosten (§ 19 FlurbG)

Das Finanzamt (FA) setzte daraufhin Grunderwerbsteuer fest. Die Klägerin legte dagegen Einspruch ein und beantragte, die Grunderwerbsteuer herabzusetzen und den Geldausgleich für das Ökokonto und den Kostenbeitrag zu den Ausführungskosten nicht der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen. Die Ökopunkte seien keine Grundstücksbestandteile, sondern vielmehr unabhängig vom Grundstück frei handelbar und daher keine Gegenleistung für das Grundstück. Sie seien ein immaterielles Wirtschaftsgut eigener Art und wie andere mit dem Grundstück verbundene Rechte wie die Milchreferenzmenge, Rübenlieferungs- und Brennrechte oder Zahlungsansprüche im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik nicht dem Grundstück zuzurechnen. Die Vermessungskosten seien eher eine Art Mitgliedsbeitrag zugunsten der Teilnehmergemeinschaft, einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in Form einer Genossenschaft.

Das FA führte im Einspruchsverfahren aus, die Vermessungskosten seien gezahlt worden, um das Eigentum an den Grundstücken zu erhalten und seien daher in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Insoweit verfolgte die Klägerin ihr Begehren nicht weiter, hielt aber wegen des Geldausgleichs für das Ökokonto an ihrer Rechtsauffassung fest. Insoweit wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin legte Klage ein und beantragte, den Grunderwerbsteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung zu ändern, die Grunderwerbsteuer herabzusetzen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Entscheidung

Nach Auffassung des Finanzgerichts ist die Klage unbegründet. Der Eigentumsübergang war nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG steuerfrei. Die Klägerin hat keine Grundstücke eingeworfen und dementsprechend auch die erhaltenen Grundstücke nicht als Abfindung in Land erhalten. Ihr wurden vielmehr gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 und 2 FlurbG infolge von Geldabfindungen und nach § 46 FlurbG zur Abfindung der Teilnehmer nicht benötigtes Land zugeteilt.

In der Folge hat das FA zu Recht den Geldausgleich für das Ökokonto als Teil der Bemessungsgrundlage angesetzt. Leistungen für ein Grundstück, auf dem Ökopunkte ruhen, werden in voller Höhe für das Grundstück, dessen Zustand die Ökopunkte in gewissem Umfang repräsentieren, und nicht daneben für ein eigenständiges Wirtschaftsgut "Ökopunkte" erbracht.

Ein Ökokonto und die darauf eingebuchten Ökopunkte sind ein naturschutzrechtliches Instrument. Die Naturschutzgesetze des Bundes und der Länder fordern Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen (Kompensationsmaßnahmen) für Eingriffe in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild. Diese Kompensationsmaßnahmen können auch im Hinblick auf zu erwartende Eingriffe „bevorratet” werden, und zwar auch im Hinblick auf zu erwartende Eingriffe Dritter. § 16 BNatSchG mit der amtlichen Überschrift „Bevorratung von Kompensationsmaßnahmen” regelt in Abs. 2, dass sich die Bevorratung von vorgezogenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen mittels Ökokonten, insbesondere die Erfassung, Bewertung oder Buchung vorgezogener Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in Ökokonten und deren Handelbarkeit, nach Landesrecht richtet. Gestützt auf § 32 LNatSchG NRW hat die nordrhein-westfälische Landesregierung die Ökokonto VO erlassen. Nach deren § 1 werden in einem Ökokonto vorgezogene Kompensationsmaßnahmen nach Durchführung der Maßnahmen dokumentiert und durch Einbuchung oder Abbuchung verwaltet (Ökokontoführung). Dies erfolgt nach § 2 Abs. 1 durch Einrichtung eines Kontos bei der unteren Naturschutzbehörde der Kreise und kreisfreien Städte oder nach § 2 Abs. 2 durch öffentlich-rechtlichen Vertrag. Für die Anerkennung vorgezogener Kompensationsmaßnahmen müssen die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 BNatSchG vorliegen (§ 3 Abs. 1 Satz 1); der Antragsteller muss die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über die Grundstücke nachweisen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1). Die untere Naturschutzbehörde prüft die Eignung als vorgezogene Kompensationsmaßnahme und deren Bewertung (§ 3 Abs. 3) und nimmt die Maßnahme nach Durchführung ab (§ 4 Abs. 2 Satz 2). Die vorgezogenen Kompensationsmaßnahmen sind bis zu ihrer Abbuchung aus dem Ökokonto zu erhalten und zu pflegen (§ 4 Abs. 3 Satz 1), wobei (erst) nach „Abbuchung” der Maßnahmen aus dem Ökokonto die Maßnahme durch Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (oder – wenn damit die gleiche Sicherheit wie mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit erreicht werden kann – durch Eintragung einer Baulast oder vertraglich) gesichert wird (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit der außer Kraft getretenen Vorschrift des § 4a Abs. 9 Sätze 2 bis 4 Landschaftsgesetz idF vom 19.06.2007). Bis zur Inanspruchnahme durchgeführter Kompensationsmaßnahmen kann der Kontoinhaber ohne Angabe von Gründen die Löschung der Maßnahme aus dem Ökokonto verlangen (§ 5 Abs. 2 Satz 2). Das Ökokonto ist gegenüber dem Verursacher eines Eingriffs Nachweis über die Anerkennung der Maßnahme und der ordnungsgemäßen Durchführung zum Zeitpunkt der Abnahme (§ 6 Abs. 1 Satz 1). Die Maßnahme wird, wenn sie für einen Eingriff in Anspruch genommen wurde, ausgebucht (§ 6 Abs. 4). Die „Refinanzierung” erfolgt außerhalb des Ökokontos unmittelbar zwischen dem Antragsteller und dem Kompensationsverpflichteten (§ 6 Abs. 5).

Ökopunkte sind daher während ihrer gesamten Existenz mit dem Grundstück verbunden und kein davon zu trennendes Wirtschaftsgut. Sie existieren von ihrer Einbuchung auf dem Ökokonto bis zur Löschung oder Abbuchung der Maßnahme und repräsentieren in dieser Zeit einen bestimmten, (teilweise) behördlich anerkannten naturschutzrechtlichen Grundstückszustand.

Diesem Zustand kann zwar ein (in Ökopunkten bemessener und damit auch in Geld umzurechnender) Wert zugeschrieben werden. Die Ökopunkte sind aber damit kein unabhängig vom Grundstück handelbares Wirtschaftsgut, sondern nach Sinn und Zweck lediglich ein Instrument zur Beschleunigung von Eingriffsvorhaben, in denen Kompensationsmaßnahmen durchzuführen sind. Die Einrichtung eines Ökokontos und die Einbuchung von Ökopunkten setzen die Durchführung grundstücksverändernder, aus naturschutzrechtlicher Sicht: grundstücksverbessernder Maßnahmen voraus; insoweit bildet der in ihnen verkörperte Wert einen Grundstückszustand ab, wobei es unerheblich ist, dass sich dieser Wert vor allem durch ihren Einsatz für gesetzlich vorgesehene Zwecke, nämlich als Kompensationsmaßnahme, kennzeichnet. Die zu diesen Maßnahmen tretende Einrichtung eines Ökokontos erbringt lediglich den Nachweis, dass die Maßnahmen geeignet sind und bei Abnahme ordnungsgemäß durchgeführt waren, wobei darin kein (gegen staatliche Behörden gerichteter) Anspruch auf Anerkennung im Zeitpunkt der Inanspruchnahme liegt, weil zusätzlich zu prüfen ist, ob sie in der Zeit zwischen Abnahme und Inanspruchnahme erhalten und gepflegt wurden. Erst im Zusammenhang mit ihrer Inanspruchnahme (durch den Grundstücksinhaber selbst oder einen Dritten) und der Ausbuchung der Maßnahme aus dem Ökokonto kommt es auch zu einer dauerhaften Nutzungsbeeinträchtigung des Grundstücks, weil die Maßnahme vorher nicht gesichert wird und auch jederzeit und voraussetzungslos vom Grundstücksinhaber aus dem Ökokonto gelöscht werden kann. Nach der Ausbuchung der Maßnahme sind die Ökopunkte nicht mehr existent.

Dass die Ausgleichszahlung allein für das Grundstück geleistet wurde, zeigt sich auch daran, dass die Ökopunkte nicht unabhängig vom Grundstück frei handelbar in dem Sinne sind, dass ein beliebiger Dritter sie (zum Zweck des sofortigen oder späteren Weiterverkaufs oder einer späteren Verwendung) erwerben könnte.

Auch die weiteren vom FA berücksichtigten Leistungen der Klägerin sind zu Recht als Teil der Bemessungsgrundlage angesetzt worden:

  • Die der Teilnehmergemeinschaft entstandenen Vermessungskosten wurden, wie inzwischen zu Recht unstreitig ist, für den Erwerb des Grundstücks erstattet.
  • Die Sandabbaurechte sind keine Mineralgewinnungsrechte oder sonstige Gewerbebauberechtigungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GrEStG, weil es sich bei Sandvorkommen um grundeigene Bodenschätze handelt.

Hinweis

Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Fundstelle

FG Münster, Urteil v. 20.10.2022, 8 K 174/21 GrE

Andrea Köcher

Steuerberaterin

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