Geänderte Grundsätze umsatzsteuerlicher Einordnung von Mietkauf- und Leasingverträgen

 

Hintergrund

Leasing- und Mietkaufverträge zeichnen sich durch ihren gemischten Charakter aus, da sie sowohl Elemente des Miet- als auch des Kaufvertrags enthalten. Dies führt bei der umsatzsteuerrechtlichen Einordnung solcher Verträge regelmäßig zu der Frage, ob es sich um eine Lieferung oder eine sonstige Leistung handelt.

Die Finanzverwaltung stellte für die Annahme einer Lieferung bislang darauf ab, ob der Leasingnehmer wie ein Eigentümer über den Gegenstand verfügen konnte und verwies hierzu auf die einkommensteuerrechtlichen Zurechnungskriterien des Leasinggegenstands. In den sogenannten Leasing-Erlassen knüpft die Finanzverwaltung die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums von Leasinggegenständen u.a. an das Verhältnis der unkündbaren Grundmietzeit zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer und das Verhältnis des Kaufpreises zum Buchwert zum Zeitpunkt des Ablaufs der Mietzeit.

Bereits im Oktober 2017 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache „Mercedes-Benz Financial Services UK“ allerdings entschieden, dass für die Annahme einer Lieferung nicht auf die ertragsteuerliche oder bilanzielle Zuordnung des Gegenstands abgestellt werden könne. Vielmehr müsse sich aus dem Leasingvertrag eine Eigentumsübergangsklausel sowie – bei planmäßigem Vertragsablauf – der automatische Eigentumsübergang ergeben.

Bundesministerium der Finanzen schließt sich dem Europäischen Gerichtshof an

Dieser Rechtsprechung schließt sich die Finanzverwaltung nun an und passt den Umsatzsteuer-Anwendungserlass entsprechend an. Für Leasing- und Mietkaufverträge kommt es nun nicht mehr auf die einkommensteuerrechtliche Zuordnung des Leasingobjekts an. Eine Lieferung ist künftig nur noch anzunehmen, wenn der Vertrag eine ausdrückliche Klausel zum Eigentumsübergang vorsieht. Eine solche Klausel kann auch eine Kaufoption sein. Aus den Vertragsbedingungen muss sich weiterhin ergeben, dass das Eigentum bei planmäßigem Verlauf automatisch übergeht (so zum Beispiel beim Mietkauf mit der letzten Rate). Im Falle einer Kaufoption muss die Ausübung dieser die „einzig wirtschaftlich rationale Möglichkeit“ sein und dem Leasingnehmer keine wirtschaftliche Alternative bieten. Eine solche besteht z.B. nicht, wenn zum Zeitpunkt der Optionsausübung die Summe der vertraglichen Raten dem Verkehrswert des Gegenstands entspricht und der Leasingnehmer wegen der Ausübung der Option nicht zusätzlich eine erhebliche Summe entrichten muss. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) definiert als „erhebliche Summe“ einem Betrag von 1 % des Verkehrswerts des Gegenstands im Zeitpunkt der Optionsausübung.

Für Fälle der grenzüberschreitenden Überlassung („Cross-Border-Leasing“) sieht das BMF erstmals eine Vereinfachungsregelung dergestalt vor, dass bei abweichender Beurteilung der Zuordnung durch einen anderen Mitgliedsstaat dieser gefolgt wird.

Praxishinweis

Die Änderung hatte sich nach der Rechtsprechung des EuGH abgezeichnet, denn die deutsche Verwaltungsauffassung stand mit dem Unionsrecht nicht im Einklang. Insofern schafft die Änderung für betroffene Unternehmer Rechtssicherheit. Allerdings muss bei neu abgeschlossenen Leasing- und Mietkaufverträgen geprüft werden, ob nach den geänderten Grundsätzen noch von einer Lieferung ausgegangen werden kann oder es sich um eine sonstige Leistung handelt. Hier kann es künftig vermehrt zu Abweichungen zwischen umsatzsteuerlicher und bilanzieller Zuordnung kommen.

Die richtige Würdigung hat Bedeutung für die Rechnungsausstellung und den korrespondierenden Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers. Für Alt-Verträge, die vor dem 18.3.2020 abgeschlossen wurden, kann die bisherige Regelung weiterhin angewendet werden.

Gert Klöttschen

Steuerberater

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Oliver Lohmar, LL.M.

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