Digital Business Concepts - Online-Handel / E-Commerce

 

Teil 1: Steuerliche Besonderheiten im E-Commerce

 

In unserer Blog-Serie „Digital Business Concepts - Online-Handel / E-Commerce“ erfahren Sie, was für ein erfolgreiches „Digital Business Concept“ in Bezug auf

  • die steuerlichen Besonderheiten, 
  • die rechtlichen Rahmenbedingungen des E-Commerce zu beachten ist.  
  • Sie erhalten erste Einblicke in die technischen Grundlagen des E-Commerce und
  • einen Überblick über die zehn häufigsten Fehler in der E-Commerce-Buchführung. 

Zum Start unserer dreiteiligen Reihe werden wir einige steuerliche Stolperfallen des E-Commerce aufzeigen, in die Unternehmen besser gar nicht erst hineintreten. In unserem letzten Teil der Reihe werden wir weitere steuerliche Besonderheiten, im technischen Kontext betrachtet, darstellen.

E-Commerce

Für den Begriff des E-Commerce gibt es keine einheitliche Definition. Im weiten Sinne können unter den Begriff des E-Commerce 

  • alle Unternehmen verstanden werden, deren Geschäftsmodell, d.h. deren Erbringung von Lieferungen und/oder Leistungen, sich weitestgehend digital vollzieht,
  • z.B. Online-Shops, Vermittlungsportale, Werbung im Internet, Videoportale.

Die allgemeinen steuerlichen Vorgaben sind mangels spezieller Regelungen auch auf die digitalen Geschäftsmodelle anzuwenden, auch wenn dies nicht immer sach- und zeitgerecht ist.

Registrierungs- und Steuerdeklarationspflichten im Ausland

Unternehmen, die im E-Commerce tätig werden, sind regelmäßig der Gefahr ausgesetzt, dass sie sich im Ausland für steuerliche Zwecke registrieren und dort Steuerdeklarationspflichten erfüllen müssen. Dies ist nicht nur aufwendig, sondern auch sehr kostspielig. Die Gefahren lauern, insbesondere bei

  • Amazon-Modelle
    verschiedenen Amazon-Modellen, wie dem CEE- und dem PAN-EU Versand. Hier kann es durch die von Amazon initiierten Umlagerungen von Waren zwischen Amazon Lagern, die in verschiedenen EU-Ländern belegen sind, zu steuerpflichtigen Tatbeständen in mehreren EU-Ländern (dem sog. innergemeinschaftlichem Verbringen und dem innergemeinschaftlichen Erwerb) kommen, ohne dass überhaupt ein Verkauf der Ware erfolgt ist.
  • Lagerhaltung im Ausland
    Neben den steuerpflichtigen Tatbeständen, die durch eine Umlagerung der Ware innerhalb der EU ausgelöst werden können, kann auch durch die Nutzung von Lagern im Ausland, die nicht nur reine Hilfsfunktionen übernehmen, eine ausländische Betriebsstätte mit entsprechenden Steuerpflichten im Ausland begründet werden.
  • Server-Betriebsstätte
    Durch die Nutzung eines Servers kann ebenfalls ungewollt eine Betriebsstätte im Ausland entstehen. Wie dies möglich ist, lesen Sie in unserem dritten Teil der Reihe.
  • Reihengeschäfte
    Ein steuerliches Konstrukt, das sich häufig im Online-Handel zeigt und bei dem es zu einer Umsatzsteuerpflicht im Ausland kommen kann, ist das sog. Reihengeschäft. Dieses ergibt sich, wenn mehrere Unternehmer hintereinander Geschäfte über denselben Liefergegenstand abschließen und der Gegenstand der Lieferung dabei unmittelbar vom ersten Unternehmer zum Endabnehmer gelangt. Eine ausländische Steuerpflicht kann dabei ausgelöst werden, wenn die Lieferung im Ausland beginnt oder endet.
  • Elektronische Schnittstelle/elektronischer Marktplatz
    Verkauft ein Unternehmer seine Ware zwar direkt an den Endkunden, nutzt jedoch zur Abwicklung des Umsatzes eine sog. elektronische Schnittstelle, wird eine fiktive Lieferung von ihm an den Betreiber der Schnittstelle unterstellt, aus der sich wiederum ein Reihengeschäft ergeben kann. Handelt es sich bei dem Betreiber der Schnittstelle um einen elektronischen Marktplatz, dann hat dieser steuerliche Aufzeichnungspflichten vorzunehmen, damit er nicht für Umsatzsteuer aus einem Umsatz haftet, den ein anderer rechtlich auf seinem Marktplatz begründet hat und für den er seinen umsatzsteuerlichen Pflichten nicht nachkommt.
  • Entstehen von Quellensteuer durch Bezug von Lizenzen
    Bereits der Bezug von Software oder Lizenzen von ausländischen Unternehmen kann in Form einer Rechteüberlassung, sofern es sich dabei um umfassende Nutzungsrechte einschließlich der wirtschaftlichen Weiterverwertung (z.B. dem Verkauf der Software) und nicht um reine Nutzungsrechte zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der Software (z.B. die bloße Nutzung eines E-Mail-Programms) handelt, eine Steuerpflicht in Deutschland auslösen. Die Steuer ist dabei vom Unternehmer, der die Leistung bezieht in Form einer Quellenabzugssteuer einzubehalten, beim deutschen Finanzamt anzumelden und entsprechend abzuführen. 
  • Innergemeinschaftlicher Fernhandel/Elektronische Dienstleistungen
    Auch bei der Erbringung von elektronischen Dienstleistungen (z.B. Verkauf von E-Books, Software-Downloads) sowie dem Verkauf von Waren an Privatpersonen kann es zu einer Verlagerung der Steuerpflicht in das Ausland kommen. Hierfür gibt es allerdings die Möglichkeit seinen Steuerdeklarationspflichten innerhalb der EU vereinfacht mittels dem sog. OSS-Verfahren nachzukommen, sofern rechtzeitig eine Registrierung für das Verfahren erfolgt ist. Über die Anwendung des OSS-Verfahrens haben wir bereits ausführlich in unserem Blog berichtet. Unseren letzten Beitrag finden Sie hier: „Was sich jetzt für Betreiber von Online-Shops ändert“

Rechnungen im E-Commerce

Die Rechnungserstellung im E-Commerce erfolgt zumeist digital und automatisiert durch ein IT-System. Was dabei zu beachten ist, haben wir nachfolgend einmal dargestellt.

  • Abgrenzung der Leistungsart
    Vor der Rechnungserstellung ergibt sich zunächst die Frage, um welche Art von erbrachter Leistung es sich handelt (z.B. Dienstleistungskommission, Vermittlungsleistungen, Eigenhandel, Werbeleistungen, Softwareüberlassung). Eine Abgrenzung zwischen den verschieden Leistungsarten ist aufgrund der teilweise komplexen Geschäftsmodelle nicht immer ganz einfach. Lesen Sie hierzu gerne auch unseren Beitrag: „Vermittlung oder Eigenhandel ist hier die Frage“
  • Verpflichtende Rechnungsangaben
    Bei der Abrechnung der Leistungen, ist darauf zu achten, dass die Rechnungen alle Angaben des §§ 14, 14a UStG enthalten, insbesondere auch die Hinweise auf eine Steuerbefreiungen oder die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (sog. reverse-charge-Verfahren).

    Kommt es im Bereich des E-Commerce zu einer fehlerhaften Abrechnung, erfordert die Vielzahl von Rechnungen regelmäßig eine Berichtigung im Massenverfahren, was wiederum zeitaufwendig und auch kostspielig sein kann, insbesondere, wenn eine Erstattung der deutschen Umsatzsteuer von einer Zustellung von Rechnungskorrekturen an die Kunden abhängt, die Kontaktdaten der Kunden nicht mehr aktuell sind und daher die Zustellung unmöglich wird. Daher sollten die Rechnungen und auch deren Verbuchung regelmäßig auf Fehler überprüft werden, damit Fehler nicht erst dann auffallen, wenn schon eine Vielzahl von Umsätzen nicht richtig abgerechnet oder falsch verbucht wurde.
  • Abrechnung mit Gutschriften
    Ein häufiges Abrechnungsverfahren im E-Commerce ist die Abrechnung mittels Gutschriften, insbesondere dann, wenn es dem leistenden Unternehmer, z.B. mangels benötigter Informationen nicht möglich ist, eine Rechnung auszustellen. Gutschriften müssen mit der Bezeichnung „Gutschrift“ versehen sein und ebenfalls alle Rechnungsangaben nach den §§ 14, 14a UStG enthalten, wobei sich die Angabe der Steuernummer bzw. USt-IdNr. dabei auf die des leistenden Unternehmers bezieht. Voraussetzung für das Abrechnungsverfahren mittels Gutschriften ist, dass zwischen dem leistenden Unternehmer und dem Leistungsempfänger im Vorfeld eine Vereinbarung getroffen wurde. Gutschriften bergen allerdings das Risiko, dass der Empfänger der Gutschrift dieser widersprechen kann, was insbesondere dazu führt, dass der Aussteller der Rechnung seinen Vorsteuerabzug hieraus verliert.
  • Gutscheine
    Über die steuerlichen Besonderheiten von Gutscheinen im E-Commerce haben wir bereits in unserem Blog berichtet. Zum Nachlesen finden Sie diesen Beitrag hier: „Die Tücken von Gutscheinen in der digitalen Welt“

Bilanzierung digitaler Wirtschaftsgüter

Hinter einem Webauftritt verbergen sich steuerlich gesehen,

  • zumeist nicht ein, sondern mehrere (digitale) Vermögensgegenstände,
  • z.B. die reine Webseitenprogrammierung, die Domain-Adresse, Apps, Patente,
  • die für Zwecke der Handelsbilanz und der Steuerbilanz bewertet werden müssen.
  • Es handelt sich dabei um sog. immaterielle Vermögensgegenstände.

Häufig entstehen bei der Entwicklung dieser Vermögensgegenstände über einen längeren Zeitraum hohe Kosten, die das Jahresergebnis eines Unternehmens belasten, insbesondere wenn diese als Aufwand in der Gewinnermittlung erfasst werden, während eine Aktivierung dieser Aufwendungen das Jahresergebnis nicht so stark belasten und zu einem höheren Eigenkapitalausweis führen würde. Daher ist genau zu prüfen, ob für die Aktivierung der Aufwendungen ein Wahlrecht, eine Pflicht oder ein Verbot besteht. 

Fazit

So erfolgreich ein weltweiter Vertrieb von Waren und Dienstleistungen mittels E-Commerce auch umgesetzt werden kann, die Gefahren im Ausland steuerpflichtig zu werden oder Fehler durch einen automatisierten Abrechnungsprozess nicht oder erst spät zu erkennen, dürfen nicht unterschätzt werden. Daher sollte die steuerliche Komponente im E-Commerce immer mitbetrachtet werden.

Sollte trotz aller Vermeidungsstrategien eine Steuerpflicht im Ausland ausgelöst werden und Sie zwecks Abwicklung Unterstützung benötigen, sprechen Sie uns an. Wir können für Sie einen Kontakt zu einem unserer internationalen NEXIA Büros herstellen.

Gerne beraten wir Sie auch persönlich, um steuerliche Stolperfallen möglichst zu vermeiden.

Ramona Fleck

Steuerberaterin

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Gert Klöttschen

Steuerberater

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