Verwaltungsgericht erklärt Beweisfotos von Falschparkern für datenschutzrechtlich zulässig

 

Das Datenschutzrecht betrifft längst nicht mehr nur Unternehmen. Mehr und mehr nimmt es Einzug in ganz alltägliche Zusammenhänge – zuletzt am Beispiel eines Urteils vom Verwaltungsgericht (VG) Ansbach vom 2.11.2022. Dabei ging es um zwei Männer, die von der Polizei aufgefordert wurden, ihre Anzeigen von parkverbotswidrig abgestellten Autos mit Fotos zu belegen. Die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde verwarnte die Bürger daraufhin wegen Verstößen gegen die DSGVO durch Aufnahme und Weiterleitung der Fotos. Das Ergebnis vorweg: Vor dem VG bekamen beide mit ihren Klagen gegen die Verwarnung Recht. Nach Ansicht des Gerichts bestand ein berechtigtes Interesse daran, die Fotos aufzunehmen und an die Polizei zu schicken.

Wie sind Beweisfotos von Bürgern nach dem Datenschutzrecht zu bewerten?

Der von dem VG Ansbach entschiedene Fall offenbart ein Spannungsverhältnis im öffentlichen Leben, das nicht leicht aufzulösen ist und an zahlreichen Stellen unserer Rechtsordnung auftaucht: Wie weit dürfen Privatpersonen gehen, um Beweise von Rechtsverstößen zu sichern und wie weit müssen schutzwürdige Interessen der Betroffenen hinter dem (öffentlichen) Beweissicherungsinteresse zurücktreten. Die DSGVO bezeichnet dieses Spannungsverhältnis mit dem Begriff „berechtigtes Interesse“, das eine Datenverarbeitung (u.a. Übermittlung von Fotos) erlaubt, wenn keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person entgegenstehen.

In solchen Abwägungsfällen stellt sich nicht zuletzt auch die Frage, ob es nicht ein milderes Mittel zur Beweissicherung gibt. Das hätte hier eine schriftliche Anzeige sein können. An einer schriftlichen Darstellung lässt sich jedoch in der Regel nicht zweifelsfrei nachvollziehen, ob die Beobachtungen der anzeigenden Person auch wirklich objektiv richtig sind. Das kann in der Konstellation von verbotswidrig geparkten Autos nur mit einem Beweisfoto erreicht werden. Denn bis die Ordnungsbehörden vor Ort sind, kann das Auto auch schon lange wieder weggefahren sein. So wird es auch das VG Ansbach gesehen haben – die genauen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Dabei kann es dann auch nicht von Belang sein, ob am Rande des Fotos auch Dritte oder deren Autos – quasi als Beiwerk – erkennbar sind.

Wie geht es nun weiter; dürfen wir in Zukunft jederzeit Beweisfotos von Rechtsverstößen aufnehmen?

Davon ist im Allgemeinen abzuraten. Oder wie Jurist:innen gerne sagen: Es kommt darauf (also den konkreten Einzelfall) an. In schnelllebigen Situationen wie Verstößen im Straßenverkehr – auch dem parkenden Verkehr – dürfte der Griff zur (Handy-)Kamera mit Blick auf die Entscheidung des VG Ansbach zulässig sein, wenn die Fotos ausschließlich zur Übermittlung an die zuständige Ordnungsbehörde oder Absicherung eigener Ansprüche dienen. Gleiches gilt im Straßenverkehr oftmals auch für den Einsatz einer Dashcam, die nur anlassbezogen Aufnahmen speichert. Es geht in solchen Fällen schließlich um Verbote, die der Sicherheit des Verkehrs – ob im Kfz, auf dem Fahrrad oder zu Fuß – dienen und an deren Durchsetzung ein wesentliches öffentliches Interesse besteht. Das Urteil des VG Ansbach ist auch deshalb von besonderem Interesse, da es eine teilweise eine Abkehr vom bisherigen Umgang mit Fotoaufnahmen im öffentlichen Bereich darstellt und die Handhabung der datenschutzrechtrechtlichen Regelungen bezüglich der Beweiserhebung lockert. Bisher wurde im Allgemeinen die Auffassung vertreten, dass Privatpersonen kein berechtigtes Interesse im Sinne des Datenschutzrechts zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zusteht.

Wie sich zeigt, ist das Datenschutzrecht nicht nur im unternehmerischen Kontext bedeutsam, sondern bietet auch Anlass, sich mit alltäglichen Verarbeitungsvorgängen auseinanderzusetzen. Ob sich hier eine kleine Trendwende abzeichnet, ist derzeit offen. Das Urteil des VG Ansbach ist noch nicht rechtskräftig.

Dr. Christian Lenz

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Steuerrecht / Fachanwalt für Informationstechnologierecht

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