Auf der Überholspur – mit unseren Steuertipps für Pendler

Interview: Marko Müller

60 % der Deutschen pendeln jeden Tag zur Arbeit. Trotz hoher Belastung ist die Tendenz steigend. Die Flexibilität wird mit zahlreichen steuerlichen Angeboten belohnt. Steuerexperte Marko Müller gibt hierzu im Interview einen Überblick über die aktuelle Rechtsprechung.

Welche Grundsätze müssen erfüllt sein, um steuerlich als Pendler zu gelten?

Pendler sind Arbeitnehmer, deren Arbeitsstätte sich nicht am Wohnort befindet. Wer seine gesamte Arbeitszeit im Homeoffice verbringt, gilt nicht als Pendler. Anders sieht es aus, wenn arbeitsvertraglich eine Präsenzpflicht festgelegt ist und Sie beispielsweise einmal pro Woche im Büro sein müssen. Ein Homeoffice oder häusliches Arbeitszimmer schließt die Pendlereigenschaft somit nicht grundsätzlich aus. Es gibt jedoch auch Personen, die viel unterwegs sind. Wer wechselnde Einsatzorte hat, sollte mit dem Arbeitgeber ausmachen, welcher davon die erste Tätigkeitsstätte ist. Denn diese wird steuerlich für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsort angesetzt. Legen Sie den Arbeitsort am besten direkt im Arbeitsvertrag fest, da dies ansonsten das Finanzamt macht und dieser Vorgang zu Ihrem Nachteil ausgehen könnte. Übrigens: Für die Fahrten zu weiteren Einsatzorten können Arbeitnehmer für die Hin- und Rückfahrten Reisekosten ansetzen.

Was muss man beachten, wenn man mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs ist?

Die Kosten je Kilometer für die einfache Strecke zwischen Wohn- und erster Tätigkeitsstätte können mit 0,30 € für jeden Kilometer in der Anlage N der Steuererklärung eingefügt werden. Bei einer 5-Tage-Woche sind 220 Fahrten im Jahr üblich. Die Summe ist allerdings auf 4.500 € pro Jahr gedeckelt. Das gilt jedoch nicht, wenn Sie einen Pkw nutzen oder bei öffentlichen Verkehrsmitteln die tatsächlichen Kosten die Entfernungspauschale übersteigen. Hierbei sollten Sie immer daran denken, Nachweise zu sammeln. Zudem können Sie die Versicherungskosten für Ihr Fahrzeug bei der Steuererklärung angeben. Kfz-Haftpflichtkosten gelten als Sonderausgaben und gehören damit in die Anlage Vorsorgeaufwand. Es kann allerdings nur die Haftpflicht-, nicht eine abgeschlossene Vollkaskoversicherung berücksichtigt werden. Und sollte die Versicherung bei einem Unfall einmal nicht greifen, der sich auf dem Weg zur Arbeit oder zu einer anderen beruflichen Fahrt ereignet hat, kann er als außergewöhnliche Belastung bei der Steuererklärung angezeigt werden. Schließlich kann auch der  Arbeitgeber Ihnen bei den Fahrtkosten entgegenkommen. So kann er Ihnen Zuschüsse für Ihre entstandenen Fahrtkosten ausbezahlen, die er selbst wiederum pauschal versteuert und die für Sie sozialversicherungsfrei sind. Dies ist in der Anlage N zu vermerken und mindert die eigene Pendlerpauschale. Trotzdem ist die Erstattung der Fahrtkosten durch den Arbeitgeber grundsätzlich eine lohnende Sache.

Wie sieht das im Gegenzug bei Nutzung des Firmenwagens aus?

Wenn Sie einen Firmenwagen nutzen, ist dieser bei Ihrer Steuererklärung zu berücksichtigen, wenn Sie ihn auch privat nutzen, da es sich in diesem Fall um einen geldwerten Vorteil handelt. Um Ihren steuerlichen Anteil zu ermitteln, kann entweder pauschal die 1-Prozent-Regelung angewandt werden, für die der Wert des Wagens ausschlaggebend ist, oder Sie führen ein Fahrtenbuch, um zu dokumentieren, wie oft Sie das Fahrzeug privat nutzen. Der geldwerte Vorteil wird dann anhand des privaten Anteils an den tatsächlichen Kosten ermittelt. Bezüglich der Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte – die als Privatfahrt zu sehen ist – gelten die gleichen Grundsätze wie beim eigenen Fahrzeug.

Gibt es steuerliche Erleichterungen für ein Arbeitszimmer oder gar eine Zweitwohnung?

Wenn Sie ein Arbeitszimmer besitzen – eine „Arbeitsecke“ reicht nicht aus – und dieses nahezu ausschließlich beruflich nutzen, sind dies Werbungskosten. Allerdings müssen Sie nachweisen, dass Ihnen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Als Werbungskosten abziehbar sind die anteiligen Kosten des Arbeitszimmers nach dem Verhältnis der Fläche des Arbeitszimmers zur gesamten Wohnfläche. Wenn Sie beispielsweise 100 Quadratmeter Wohnfläche besitzen und davon 25 Quadratmeter auf das Arbeitszimmer entfallen, können Sie 25 % der Kosten für Miete, Nebenkosten, Reinigung, Hausratversicherung, Strom und Renovierung ansetzen. Ist das Arbeitszimmer Teil eines eigenen Hauses oder einer Eigentumswohnung, so sind Kosten wie Schuldzinsen, Reparaturen, Gebäude- und Haftpflichtversicherung, Grundsteuer, Wassergeld, Müllabfuhrgebühren und Schornsteinfegergebühren absetzbar. Die Höhe der abziehbaren Kosten ist allerdings auf 1.250 € begrenzt, sofern das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.Wer aus beruflichen Gründen neben seinem Wohnsitz sogar einen weiteren Haushalt in der Nähe des Arbeitsplatzes unterhält, kann die doppelte Haushaltsführung geltend machen. Bis zu einer maximalen Höhe von 1.000 € ist es möglich, Miete, Nebenkosten, Reinigungskosten und Rundfunkgebühren in der Steuererklärung zu berücksichtigen. Neben der Pendlerpauschale vom Zweitwohnsitz zur Arbeitsstätte können Sie ebenfalls Familienheimfahrten ansetzen. Für die ersten drei Monate besteht die Option, Verpflegungsmehraufwendungen steuermindernd zu nutzen, und zwar 24 € für einen gesamten Tag (24 h) bzw. 12 € für An- und Abreise in den Fällen der Familienheimfahrt.

Muss ich immer bis zur Steuererklärung warten oder kann ich schon vorher Einsparungen nutzen?

Nein, es gibt durchaus auch andere Möglichkeiten, als auf die Steuererklärung zu warten. Wenn Sie die Einsparungen etwa monatlich auf Ihrem Lohnzettel sehen möchten, können Sie beim Finanzamt einen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung stellen. Dies ist insbesondere dann interessant, wenn Wohn- und Arbeitsstätte weit auseinanderliegen und gleichzeitig eine doppelte Haushaltsführung besteht. Der Antrag kann von der Seite des Bundesfinanzministeriums heruntergeladen werden.Vielen Dank.

Marko Müller

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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