Änderung der Steuersätze – Bundesministerium der Finanzen äußert sich zu Zweifelsfragen

 

Rechtslage

Zum 1.1.2021 werden die Steuersätze wieder angehoben, von 5 % auf 7 % bzw. von 16 % auf 19 %. Betroffen hiervon sind Umsätze, die nach dem 31.12.2020 ausgeführt werden. Das Datum des Vertragsabschlusses, der Zeitpunkt der Rechnungsstellung, des Zahlungseingangs, der Steuerentstehung sowie die Form der Steuererhebung (Soll- oder Istversteuerung) sind insofern irrelevant.

Aktuelles Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen

Das Schreiben vom 4.11.2020 ergänzt die bisherigen Veröffentlichungen des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zur Änderung der Steuersätze, insbesondere das Schreiben vom 30.6.2020. Wichtig für die Praxis sind die Hinweise zur Behandlung von Vorauszahlungen, Gutscheinen und wiederkehrenden Leistungen. Daneben werden noch diverse Einzelfragen behandelt.

Vorauszahlungen

Bisher war unklar, ob Anzahlungen bzw. Vorausrechnungen, die im zweiten Halbjahr 2020 vereinnahmt wurden, aber Leistungen betreffen, die nach dem 31.12.2020 erbracht werden, mit dem erhöhten Steuersatz abgerechnet werden können. Das BMF hat nun die bisher fehlende Klarstellung nachgeholt. Demnach wird es nicht beanstandet, wenn mit dem erhöhten Steuersatz abgerechnet wird. Dem Leistungsempfänger steht – unter den üblichen Voraussetzungen – der volle Vorsteuerabzug aus diesen Anzahlungen zu. Anzahlungsrechnungen werden nicht als Fall des § 14c UStG behandelt. Unverändert können die Unternehmen solche Anzahlungsrechnungen mit den reduzierten Steuersätzen abrechnen. Dies erfordert dann aber eine Korrektur mit Ausstellung der Schlussrechnung, die im Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung anzumelden ist.

Gutscheine 

Aufgrund der seit dem 1.1.2019 geltenden Neuregelung der umsatzsteuerlichen Erfassung der Ausgabe und Einlösung von Gutscheinen wird diskutiert, ob durch die Ausgabe von Gutscheinen die reduzierten Steuersätze gesichert werden können. Dies ist mit Einzweckgutscheinen grundsätzlich möglich. Das BMF weist aber ausdrücklich darauf hin, dass im Hinblick auf die Inanspruchnahme der reduzierten Steuersätze Einzweckgutscheine von Anzahlungen abzugrenzen sind. Nach Ansicht des BMF handelt es sich um eine Anzahlung und nicht um einen Einzweckgutschein bei 

  • verbindlicher Bestellung eines Gegenstands,
  • bei der ein späterer Umtausch, eine Barauszahlung oder eine Übertragung des Gutscheins auf einen anderen Verkäufer bzw. Käufer ausgeschlossen ist
  • und die mit einer Abnahmeverpflichtung verbunden ist.

Beispiel

Sie wollen privat ein Kfz noch vor Jahresende zum günstigeren Steuersatz erwerben. Ihr Autohaus kann Ihnen das Kfz aber nicht mehr vor Jahresende übergeben, was Voraussetzung für die Abrechnung mit 16 % Umsatzsteuer ist. Stattdessen wird Ihnen der Erwerb eines „Gutscheins“ im Dezember 2020 angeboten.

Variante 1: Einzweckgutschein

Handelt es sich um einen Einzweckgutschein, so gilt die „Lieferung des Kfz“ im Dezember 2020 mit Ausgabe des Gutscheins zu 16 % Umsatzsteuer als erbracht. Die Einlösung des Gutscheins im Jahr 2021 ändert nichts hieran, insbesondere bleibt der Steuersatz unverändert.

Variante 2: Anzahlung

Ist der Gutschein als „verbindliche Bestellung eines individualisierten Fahrzeugs mit einer Verpflichtung zur Abnahme“ zu werten, so handelt es sich um eine Anzahlung. Die Lieferung des Kfz erfolgt jedoch damit im Jahr 2021 zu 19 % Umsatzsteuer. Unternehmer, die Kunden mit solchen Gutscheinaktionen werben wollen, müssen sich darüber im Klaren sein, dass dem Inhaber des Gutscheins nach Ansicht des BMF durch den reduzierten Steuersatz Rechte verbleiben, die wirtschaftliche Risiken für den Unternehmer mit sich bringen und den „Steuerspareffekt“ eher nicht rechtfertigen, z.B. Nichtabnahme des Kfz und stattdessen Barauszahlung des Gutscheins durch den Kunden. Wurden Einzweckgutscheine vor dem 1.7.2020 ausgegeben, so bleibt es bei der Erfassung zum erhöhten Steuersatz, wenn die Einlösung im zweiten Halbjahr 2020 erfolgt.

Wiederkehrende Leistungen

Gemäß BMF werden wiederkehrende Leistungen zeitpunktbezogen in regelmäßigen Abständen einmal oder mehrfach jährlich erbracht. Die Leistung wird hierbei am Tag jeder einzelnen Leistungserbringung ausgeführt. Es ist daher zwischen wiederkehrenden Leistungen und Dauerleistungen, die am Ende der Laufzeit als ausgeführt gelten, genau zu differenzieren.

Beispiel: Wartungsvertrag

Verpflichtet sich ein Unternehmer, im Rahmen eines jährlichen Wartungsvertrags für 2020 die Heizungsanlage im Jahr 2020 einmal zu prüfen, so ist dies eine wiederkehrende Leistung. Erfolgte die Prüfung z.B. im Mai 2020, so ist sie mit 19 % abzurechnen. 

Beinhaltet der Vertrag hingegen eine permanente Servicebereitschaft für 2020 gegen eine Flatrate, so liegt eine Dauerleistung vor. Soweit diese jährlich abgerechnet wird, wird sie am 31.12.2020 ausgeführt und unterliegt insgesamt dem 16-prozentigen Steuersatz.

Konsequenzen

Dies sind nur einige wichtige Regelungen des BMF-Schreibens. Die Unternehmen sollten sich hiermit, aber auch mit den anderen Hinweisen des Schreibens auseinandersetzen, um die Umstellung bestmöglich zu bewältigen. Grundsätzlich gilt: Bereiten Sie sich rechtzeitig auf die erneute Umstellung der Steuersätze vor. Treffen Sie die nötigen Maßnahmen, um gegebenenfalls noch von den ermäßigten Steuersätzen zu profitieren. Prüfen Sie Ihre eigene Rechnungsstellung und Ihre Eingangsrechnungen in der Übergangsphase. Gerne unterstützen wir Sie hierbei.

 

Da das Thema Umsatzsteueränderung eine Menge Fragen aufwirft, haben wir zu diesem Thema ein Glossar erstellt, das viele davon beantworten dürfte. Werfen Sie gerne einen Blick hinein.
 

Gert Klöttschen

Steuerberater

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