Das Bundesarbeitsgericht entscheidet: Befristete Arbeitszeiterhöhung ist unwirksam

 

Kernaussage

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine befristete Arbeitszeiterhöhung unwirksam und der betroffene Arbeitnehmer dadurch unangemessen benachteiligt ist, wenn Arbeitszeiterhöhungen seit Jahren befristet vereinbart wurden, der Arbeitgeber aber einen dauerhaften Bedarf an einer umfangreicheren Arbeitsleistung hat.

Sachverhalt

Die Richter beschäftigte der Fall befristeter Arbeitszeiterhöhungen eines klagenden Lehrers und die Frage, ob dieser einen Anspruch auf Aufstockung seines Stundenanteils hatte. Der Lehrer war an einer Heimschule beschäftigt und schloss seit Anfang 1995 mit der beklagten Heimträgerin befristete Arbeitsverträge mit Stundenanteilen zwischen drei und elf Unterrichtsstunden pro Woche ab. Ab 2001/2002 vereinbarte man befristet für ein Schuljahr die Erhöhung des Stundenanteils. Als Grund für die Befristung war überwiegend Teilzeitbeschäftigung, Anteilsreduzierung, Urlaub oder Erkrankung anderer Lehrkräfte genannt. Für die Zeit vom 1.9.2011 bis 31.8.2012 schlossen die Parteien im September 2011 einen Zusatzvertrag über einen zusätzlichen Stundenanteil von vier Wochenstunden. Befristungsgrund war wieder die Anteilsreduzierung anderer Lehrkräfte. Auf das Arbeitsverhältnis fand die Arbeitsvertragsordnung für den Kirchlichen Dienst in der Erzdiözese Freiburg (AVO) Anwendung. Mit seiner Klage machte der Lehrer geltend, der Befristungsgrund „Anteilsreduzierung anderer Lehrkräfte” über Jahre hinweg belege, dass während der gesamten Zeit Bedarf für eine über zwölf Unterrichtsstunden hinausgehende Beschäftigung bestanden habe. Die Heimschule habe auch immer wieder Neueinstellungen vorgenommen, anstatt ihn bei der Vergabe zusätzlicher Stunden vorrangig zu berücksichtigen. Die Klage hatte Erfolg.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hielt die befristete Arbeitszeiterhöhung für unwirksam und stellte eine unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 BGB) des Lehrers fest. Hierbei erkannten die Richter an, dass die Heimschule zwar grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran hat, wegen turnusmäßig auftretender längerfristiger Ausfälle von Lehrkräften oder Änderungen in der Anzahl die Unterrichtsstunden anderer Lehrkräfte vorübergehend schuljahresbezogen aufzustocken. Dem stehe das ebenso berechtigte Interesse des Lehrers an der unbefristeten Vereinbarung des Arbeitszeitumfangs entgegen, von dem auch sein Einkommen abhänge. Die seit dem Schuljahr 2001/2002 wiederholt befristete Aufstockung des Stundenanteils sprach nach Ansicht der Richter dafür, dass ein ständiger Bedarf an zusätzlicher Arbeitsleistung durch den Lehrer vorgelegen habe, was als Dauerzustand zu werten sei.

Konsequenz

Das Bundesarbeitsgericht wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine Anwendung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes – nach dem eine unangemessene Benachteiligung des Lehrers zu verneinen gewesen wäre – ausschied, denn diese Bestimmungen greifen nur bei Arbeitszeiterhöhungen von mindestens 25 %. Ist das Aufstockungsvolumen, wie hier, geringer, muss anhand einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen geprüft werden, ob der Arbeitnehmer durch die Befristung unangemessen benachteiligt wird. Hierbei können auch die Anzahl der in der Vergangenheit getroffenen befristeten Aufstockungsvereinbarungen und die Gesamtdauer des Aufstockungszeitraums berücksichtigt werden.

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